Opposition kritisiert Asylpaket "Auf Teufel komm raus soll abgeschoben werden"

Berlin · Wie lässt sich der Zustrom von Flüchtlingen unter Kontrolle bringen? Die Bundesregierung will bei Asylbewerbern mit schlechten Bleibechancen viel schneller Klarheit schaffen. Die Opposition sieht die rechtsstaatlichen Prinzipien in Gefahr.

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Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Linkspartei und Grüne haben das von der großen Koalition verkündete Asylpaket zur Bewältigung des massiven Flüchtlingsandrangs als unzureichend kritisiert. "Auf Teufel komm raus soll abgeschoben werden, damit wird das Asylrecht weiter geschliffen", sagte der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger. "Es besteht die Gefahr, dass den Menschen kein faires Asylverfahren nach rechtsstaatlichen Prinzipien gewährt wird." Aus Sicht des Grünen-Politikers Robert Habeck helfen die Beschlüsse "weder Deutschland, noch den Menschen, sondern nur der großen Koalition".

Die Spitzen der schwarz-roten Koalition hatten sich am Donnerstag nach wochenlangem Streit auf ein umfassendes Asylpaket geeinigt. Die Verfahren sollen insgesamt beschleunigt werden, kündigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Treffen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer in Berlin an. Zentrales Instrument sind spezielle Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge mit geringen Bleibechancen an drei bis fünf Standorten in Deutschland. Dort sollen die Verfahren höchstens drei Wochen dauern.

Habeck, der Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl 2017 werden will, forderte die Bundesregierung auf, ihre Zusage für eine Verkürzung der Asylverfahren umzusetzen. "In den Ländern warten die Menschen ein halbes Jahr darauf, bis sie ihren Asylantrag überhaupt stellen können. Es ist völlig schleierhaft, wie der Bund vor diesem Hintergrund in den besonderen Aufnahmeeinrichtungen innerhalb von wenigen Wochen Verfahren abschließen will", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

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"Deutschland sendet ein Signälchen"

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Habeck hält es für falsch, den Familiennachzug zu beschränken. "Ich befürchte, dass das den gegenteiligen Effekt hat." Schwangere, Kinder und Frauen würden dann auf Fluchtwege über das Mittelmeer gezwungen. "In der Summe bringen die Vorschläge wenig Konkretes - außer einem Waffenstillstand zwischen Union und SPD", sagte Habeck.

Kanzlerin Merkel hatte am Donnerstagabend mit den Ministerpräsidenten über weitere Schritte in der Flüchtlingskrise gesprochen. Als wichtige Themen zwischen Bund und Ländern gelten unter anderem Fragen der Registrierung und Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber.

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Foto: ALESSANDRO BIANCHI

Ministerpräsidenten aus den Reihen von SPD und CDU zeigten sich zufrieden mit dem Kompromiss. Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig (SPD) lobte den Ansatz, diejenigen, "die ohne Bleibeperspektive neu zu uns kommen", zügig in ihre Länder zurückführen zu können. "Allerdings betreffen auch diese neuen Vorschläge des Bundes nur einen sehr kleinen der Teil der Menschen, die schon bei uns sind beziehungsweise neu zu uns kommen."

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bezeichnete das Berliner Asylpaket als wichtigen Schritt, um die Flüchtlingszahlen dauerhaft besser steuern zu können. Das Asylrecht sei eine Medaille mit zwei Seiten. "Nur wer konsequent abschiebt, kann auch die wirklich Schutzbedürftigen aufnehmen und ihre Integration in die deutsche Gesellschaft erleichtern", sagte sie.

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(lsa/dpa)
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