NRW-Justizministerium Opposition und Verdi fordern Ende der Netz-Sperren

Frankfurt/Main (RPO). Das NRW-Justizministerium kommt nicht aus dem Schlagzeilen. Am Dienstag wurde bekannt, dass Beschäftigten auf ihren Dienstrechnern der Zugang zum Internet gesperrt wurde. Mitarbeiter sollen sich im Zuge des Skandals um die JVA-Aachen im Netz kritisch über die Ministerin geäußert haben. Opposition und Verdi sind empört.

Roswitha Müller-Piepenkötter: Die Teflon-Ministerin
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Foto: DDP

Frankfurt/Main (RPO). Das NRW-Justizministerium kommt nicht aus dem Schlagzeilen. Am Dienstag wurde bekannt, dass Beschäftigten auf ihren Dienstrechnern der Zugang zum Internet gesperrt wurde. Mitarbeiter sollen sich im Zuge des Skandals um die JVA-Aachen im Netz kritisch über die Ministerin geäußert haben. Opposition und Verdi sind empört.

Nach der in Online-Foren aufgetauchten massiven Kritik an NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) wegen des Ausbruchs von zwei Verbrechern ist Justizmitarbeitern teilweise das Internet gesperrt worden. Wie die "Frankfurter Rundschau" berichtete, können zahlreiche Justizbedienstete von ihrem Dienstrechnern nicht mehr auf die Webseite des Westdeutschen Rundfunks (WDR) zugreifen. SPD und Grüne im Landtag forderten eine sofortige Aufhebung der Sperrung. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) müsse dies stoppen. Ein Sprecher der Justizministerin wies Zensurvorwürfe zurück.

Wegen des Ausbruchs von zwei Kriminellen aus einem Aachener Gefängnis war die Ministerin in Forumsbeiträgen auf "wdr.de" von Justizmitarbeitern heftig kritisiert worden. Nach einer internen Mitteilung vom Donnerstag wurde die Seite dem Zeitungsbericht zufolge gesperrt. Offiziell deshalb, weil die Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit zu viel gesurft hätten.

"Die Tunnelung zum WDR ist aufgegeben worden, weil Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass während der Dienstzeit in mehr als nur unerheblichem Umfang dienstfremder Beschäftigung nachgegangen worden ist", heißt es in der Mitteilung. "Hier wird ganz klar Zensur geübt", sagte dagegen Manfred Evers, oberster Personalrat beim Oberlandesgericht Düsseldorf, der Zeitung.

Das Düsseldorfer Justizministerium wies den Versuch einer politischen Zensur von sich. Es gebe keinen Zusammenhang mit der Kritik auf "wdr.de", sagte Sprecher Ulrich Hermanski der "Frankfurter Rundschau". Die Seite habe zu "dienstfremden Beschäftigungen" geführt und dienstliche Belange beeinträchtigt. Konkrete Einzelfälle habe es aber nicht gegeben.

Als "dienstfremd" wurden dem Zeitungsbericht zufolge mehr als hundert Foreneinträge im WDR-Internetangebot von der Regierung eingestuft. Meistens berichteten demnach JVA-Beamte unter Pseudonym von ihrem stressigen Arbeitsalltag. "Die Ministerin ist eine Zumutung", schrieb einer. Auf den Fluren stapelten sich die Akten, Fristen könnten längst nicht mehr eingehalten werden. Ein anderer Teilnehmer postete, die Ministerin würde "immer weiter auf Kosten der Sicherheit Personal sparen, um es den Knackis noch gemütlicher zu machen".

Verdi und Opposition empört

Scharfe Kritik an der Sperrung des Zugangs zum WDR-Onlineangebot kam von der Opposition. Der Medienexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Oliver Keymis, sprach von "iranischen Verhältnissen" und verlangte ein sofortiges Ende der Netzsperre. "Der Ministerpräsident - auch als für den WDR zuständige Rechtsaufsicht - muss diesen internetpolitischen Amoklauf seiner Justizministerin umgehend stoppen und den Webzugang zum WDR-Angebot im Justizministerium wieder öffnen", sagte Keymis.

SPD-Fraktionsvize Ralf Jäger warf der Justizministerin "bewusste Nachrichtenunterdrückung" vor. "Frau Müller-Piepenkötter will offenbar so verhindern, dass sich ihre Mitarbeiter über die zahlreichen Pannen ihrer Ministerin im Zusammenhang mit dem Ausbruchsskandal aus der JVA Aachen aktuell informieren können", sagte der SPD-Abgeordnete. Dies erinnere an das Vorgehen von Regierungen in "Nordkorea, China oder dem Iran".

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte ein Ende der Sperrung. "Man kann die eigenen Probleme nicht durch Erlasse und die Einschränkung von Informationsmöglichkeiten abschalten", sagte ver.di-Landeschefin Gabriele Schmidt. Ein Großteil der Diskussionsbeiträge auf den Internetseiten des WDR seien "Hilferufe und Verbesserungsvorschläge von Beschäftigten", die die Landesregierung ernst nehmen müsse.

Am Mittwoch (16. Dezember) soll sich die Ministerin erneut im Landtag zu Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Ausbruch der zwei Schwerverbrecher äußern. Die Opposition wirft Müller-Piepenkötter vor, der Ausbruch sei durch Pannen in der Justiz erst ermöglicht worden. Die Ministerin sieht hingegen das Fehlverhalten eines einzelnen JVA-Beamten, der bei der Flucht geholfen haben soll.

(DDP/csr)
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