SPD-Parteitag in Dortmund Kritik an Steuerplänen der SPD

Dortmund/Düsseldorf · Die Sozialdemokraten wollen den Solidaritätszuschlag für kleine und mittlere Einkommen abschaffen und höhere Einkommen stärker besteuern. Sogar über eine Vermögensteuer wird nachgedacht.

Landtagswahl NRW 2022: SPD Wahlprogramm für die NRW-Wahl 2022 - Überblick
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Das Wahlprogramm der SPD für die Landtagswahl in NRW 2022

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Foto: dpa, Arno Burgi

Die Sozialdemokraten ziehen mit ihrem Programm unter dem Titel "Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit: Zukunft sichern, Europa stärken" in die heiße Phase des Wahlkampfs. Das Konzept wurde von den Delegierten des Parteitags in Dortmund ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung beschlossen.

Zu den wichtigsten Punkten zählt die Forderung nach Entlastungen kleinerer und mittlerer Einkommen um jährlich 15 Milliarden Euro. Dafür sollen Spitzenverdiener stärker zur Kasse gebeten werden. Der Spitzensteuersatz soll von 42 auf 45 Prozent steigen, aber erst ab einem Einkommen von 76.200 Euro statt bisher rund 54.000 Euro jährlich greifen.

Steigen soll die sogenannte Reichensteuer ab einem Einkommen von 250.000 Euro. Diese soll 48 statt bisher 45 Prozent betragen. Der Soli soll für kleine und mittlere Einkommen abgeschafft, Kitas gebührenfrei werden. Vizeparteichef Olaf Scholz deutete in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" an, etwa bis zum Jahr 2025 könnte der Soli komplett wegfallen.

Der scheidende NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans brachte gegenüber unserer Redaktion auch eine Vermögensteuer ins Spiel: "Inwieweit auch die Wiederbelebung der Vermögensteuer dazu gehört, werden wir in einer Arbeitsgruppe gewissenhaft prüfen." Er selber werde dieser Arbeitsgruppe angehören. Auch die Jusos hatten sich auf Bundesebene für eine Vermögenssteuer eingesetzt. Der Parteivorstand lehnte eine entsprechende Formulierung im Wahlprogramm jedoch ab und verwies auf ein noch laufendes Gerichtsverfahren dazu.

Vorwurf: Union drückt sich vor inhaltlichen Aussagen

Bei der Rente soll das Niveau bei 48 Prozent eines Durchschnittslohns bleiben und der Beitragssatz bei 22 Prozent gedeckelt werden. Finanzieren will die SPD dies durch eine Einbeziehung von Selbstständigen, einen schnelleren Anstieg des Beitragssatzes und ab 2028 mit einem Steuerzuschuss von 14,5 Milliarden Euro. Eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters von derzeit 67 Jahren schloss SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz aus.

Der SPD-Chef schwor seine Partei auf eine Aufholjagd ein und warf der Union vor, sich vor inhaltlichen Aussagen zu drücken. CDU und CSU nähmen in Kauf, dass weniger Bürger zur Wahl gingen. "Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie", sagte Schulz.

CDU-Bundesvize Armin Laschet wies diesen Vorwurf als absurd zurück: Er zeige die Verzweiflung bei Schulz. Heute will der CDU-Vorstand über das eigene Wahlprogramm beraten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beschuldigte Schulz der Täuschung: Die von der SPD geplanten Änderungen der Einkommensteuer seien im besten Fall aufkommensneutral, sagte der CDU-Politiker dem "Handelsblatt". "Wenn man genauer hinschaut, verbergen sich hinter den Vorschlägen sogar Steuererhöhungen."

Auch die willkürlich gewählten Grenzen bei der Abschaffung des Solis seien wenig praktikabel und eher ein Beschäftigungsprogramm für Steuerberater. Besser sei es, die Belastung für kleine und mittlere Einkommen zu bremsen, den Soli ab 2020 abzuschmelzen und ihn 2030 ganz abzuschaffen.

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir zeigte sich skeptisch: Eine zielgenaue Entlastung für untere und mittlere Einkommen werde so nicht erreicht. Nach Ansicht des Politologen Ulrich von Alemann bestätigt der Parteitag, "wie schwer es die SPD hat, sich intelligent und klar gegenüber der Union zu profilieren". Die Union sei unter der Führung von Angela Merkel so weit nach links gerückt, dass es ungeschickt wäre, sich noch weiter nach links zu bewegen, sagte von Alemann unserer Redaktion.

(jd/rky)
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