Ärger um die „Lügenpresse“ RTL feuert "Pegida"-Reporter

Düsseldorf · RTL hat einen Reporter vor die Tür gesetzt, der sich auf "Pegida"-Kundgebungen als Demonstrant getarnt hat. Obwohl er nur eine Rolle spielte, gab er einem TV-Sender ein Interview und äußerte sich darin islamkritisch.

Ein RTL-Reporter gab während eines Undercover-Einsatzes bei Pegida einem ARD-Team ein Interview.

Ein RTL-Reporter gab während eines Undercover-Einsatzes bei Pegida einem ARD-Team ein Interview.

Foto: Screenshot Panorama ARD

Später war er in dem Beitrag des ARD-Magazins Panorama zu sehen. Das Magazin hatte für seine Sendung Besucher der "Pegida"-Kundgebung um Aussagen vor der Kamera gebeten. Einige der Stellungnahmen waren ausländerfeindlich und rassistisch. Erst nach der Ausstrahlung zeigte sich: Einer der Interviewten war ein als Demonstrant getarnter Reporter von RTL. Die Panorama-Redaktion reagierte verärgert. Damit habe er dem Journalismus einen Bärendienst erwiesen.

Die Medien-Affäre um den falschen Pegida-Demonstranten im Panorama-Beitrag der ARD besitzt eine ganz eigene Brisanz. Zu den in der Bewegung gängigen Vorwürfen zählt die Behauptung, die großen Medien, die sogenannte "Lügenpresse", würde die Anliegen der Demonstranten nur verzerrt oder falsch wiedergeben. Demonstranten sind angehalten, auf Kundgebungen nicht mit Journalisten zu sprechen.

Dass nun ein Beitrag der ARD einen Angehörigen dieser "systemtreuen" Medien zusammen mit latent ausländerfeindlichen Aussagen zeigte, ist vermutlich Wasser auf die Mühlen derjenigen, die den klassischen Medien nicht mehr über den Weg trauen. Der Vorfall ist bestens als Futter für Verschwörungstheorien geeignet, nach denen Medien sich ihre Berichte selbst am Reißbrett erstellen und nicht versuchen, das zu zeigen, was ist.

Am Montag gibt in unserem Haus ein Expertenforum zu Pegida. Haben Sie Fragen, Zweifel oder Anmerkungen? Wir bringen Leser und Experten zusammen. Ihre Fragen schicken Sie uns bitte per Email an aktionen@rheinische-post.de oder auf Facebook. Bitte nennen Sie dabei auch Ihren Namen.

Entsprechend verärgert zeigt sich die Panorama-Redaktion. Der RTL-Reporter habe sich erst nach Ausstrahlung des Beitrags zu erkennen gegeben. Redaktionsleiter Volker Steinhoff schrieb in einer im Netz veröffentlichten Stellungnahme, der RTL-Journalist habe "der Glaubwürdigkeit von Journalisten einen Bärendienst erwiesen".

Er habe nichts gegen Undercover-Recherchen da, wo sie nötig seien. In seinen Augen war dies am Montag in Dresden aber nicht der Fall. Die Pegida-Demonstranten habe man ganz offen zu ihrer Meinung befragen können. Wie der Panorama-Beitrag auch zeige.

Auch RTL reagierte auf den Vorfall und distanziert sich von seinem Reporter. Der Sender verwies dabei jedoch auf ein Kernproblem im Umgang mit Pegida: Die Organisatoren halten die Demonstranten üblicherweise dazu an, nicht mit Medienvertretern zu sprechen. Darum habe sich der Reporter des Landesstudios Ost verdeckt auf die Demonstration begeben.

Dabei sei er von einem Panorama-Team für ein Interview angesprochen worden. "In dieser Situation hatte er drei Möglichkeiten: Nichts sagen, sich als Kollege outen - oder in der gespielten Rolle eines Pegida-Anhängers verbleiben. Er entschied sich für Möglichkeit drei - und traf damit die eindeutig falsche Entscheidung.

Inzwischen soll sich der Sender von dem Mitarbeiter getrennt haben. Dies berichten am Sonntag tagesschau.de und faz.net. "Unser Mitarbeiter hat einen Fehler begangen, der nicht zu entschuldigen ist", zitiert faz.net den Chef des RTL-Landesstudios Ost. Er habe auf keinen Fall provozieren oder zur Hetze animieren, schon gar nicht anderen Journalisten eine Rolle vorspielen sollen. Der Sender wirft dem Reporter vor, mit seinem Auftreten dem Berufsstand "schwer geschadet" zu haben.

Freilich haben zuvor schon andere Journalisten undercover unter Pegida-Demonstranten recherchiert, um in Erfahrung zu bringen, wer da mit welchem Anliegen auf die Straße geht. Aus gutem Grund: Im Gegensatz zu den Erfahrungen des Kamerateams von Panorama blieben frühere Versuche von Journalisten, mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen, erfolglos.

Erkenntnisse, um wen es sich bei Pegida wirklich handelt, sind aber dringend erforderlich. Die Gruppe selbst stellt sich als Bewegung ganz normaler besorgter Bürger da. Kritiker werfen Pegida vor, von Rechtsextremen gesteuert zu sein. Entsprechend nachvollziehbar ist der Schluss, auf verdeckte Ermittlungsmethoden zurückzugreifen, so wie beispielsweise in der vergangenen Woche ein Reporter der taz.

(pst)
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