Demonstrationen in Dresden "Pegida" - erste Demonstranten brechen ihr Schweigen

Dresden · Bisher haben sich Demonstranten bei den "Pegida"-Kundgebungen strikt geweigert, mit Politikern oder Journalisten zu sprechen. Einige verraten nun doch, was sie wirklich auf die Straße treibt. Es sind Ängste, diffuse Vorbehalte, aber auch rassistische Argumente herauszuhören.

Fragen und Antworten zu "Pegida"
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Foto: dpa, abu tmk

Für die ARD-Sendung "Panorama" hat der NDR Interviews mit Demonstrationsteilnehmern geführt. Im Internet gibt es die Gespräche in voller Länge zu sehen. Die Argumente, die die Demonstranten vorbringen, ergeben dabei kein eindeutiges Bild. Die Interviewpartner bringen allgemeine Ängste vor, aber auch eindeutig rassistische Argumente.

Ein junger Mann meldet sich im Fernsehen zu Wort, er schildert seine allgemeinen Ängste. Es sind diese Ängste, von denen mittlerweile auch viele Politiker fordern, dass sie ernstgenommen werden müssten. Der junge Mann befürchtet eine Islamisierung in seinem Umfeld. Er ist aus Bayreuth zur Demonstration nach Dresden angereist. Auf Nachfragen eines Journalisten kann er diese Ängste jedoch nicht konkretisieren. Die Türken in seiner Nachbarschaft seien nicht das Problem, für ihn sind es die "Radikalen".

Ausländerfeindliche und rassistische Argumente

Doch ein Rentner redet sich vor der Kamera regelrecht in Rage, wird deutlicher als sein Vorredner. Er sagt: "Ich habe etwas gegen die vielen Ausländer." Dass nach den Erhebungen höchstens 0,2 Prozent der Bevölkerung in Sachsen aus Muslimen bestehe? "Das ist mir egal", sagt der Rentner und ergänzt: "Das sind schon 0,2 Prozent zu viel". Und dass der Name Pegida ja auch "Europäer" in der Abkürzung trage? "Da habe ich mit keine Gedanken gemacht", lautet die Antwort.

Neben den deutlichen Aussagen gegen Ausländer werden auch rassistische Argumentationsketten geknüpft. Ein Demonstrant sorgt sich um das Gesundheitssystem mit der Aussage: Die Ausländer "bringen ja ganz andere Krankheiten mit." So hätten die Zuwanderer Krankheiten, die die hier lebende Bevölkerung nicht gewohnt sei und die Ausländer würden sich hier auch mit Krankheiten anstecken, auf die ihre Körper nicht vorbereitet seien. Als ein Mitglied einer Burschenschaft seine Sichtweise schildern will, wird er von zahlreichen Demonstranten an einer Interviewaussage gehindert. Es gibt also immer noch Menschen, die nicht nur nichts sagen wollen, sondern auch andere daran hindern, in den Medien zu sprechen.

Ein Dialog ist in Aussicht

Es sind auch diese Menschen, mit denen Frank Richter sprechen möchte. Der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen hat den Demonstranten und Organisatoren am 13. Dezember ein Gesprächsangebot unterbreitet. Dass der Dialog gelingen könnte, hängt stark mit der Biografie Frank Richters zusammen. Der ehemalige Kaplan führte 1989 als Mitglied der Bürgerrechtsgruppe "Gruppe der 20" Verhandlungen zwischen Demonstranten und den SED-Funktionären in Dresden. Seit 2009 ist Richter Leiter der Landeszentrale für politische Bildung. In der Zwischenzeit hat er in der Diskussion über das Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg moderiert, auch mit Vertretern der NPD und Gegnern eines Asylbewerberheims suchte er vor einen Jahr den Dialog, wie die "Berliner Zeitung" berichtet.

Ob es bereits eine Reaktion der "Pegida"-Organisatoren auf das Gesprächsangebot gibt, ist unklar. Thomas Platz, Pressesprecher der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen, sagte unserer Redaktion, dass man sich mit der Pegida Vertraulichkeit vereinbart habe. Vermutlich bis zur zweiten Januarwoche wollten die Landeszentrale und Frank Richter öffentlich nichts mehr zum Thema "Pegida" sagen. Doch zumindest über die Vertraulichkeit und einen Zeitraum des Stillschweigens scheint man sich einig zu sein. Thomas Platz wies auch darauf hin, dass die Landeszentrale die Ernsthaftigkeit in der Beschäftigung mit den "Pegida"-Forderungen sehr ernst sei. Man habe das Gefühl, dass die Organisatoren der Demonstrationen diese Ernsthaftigkeit honorieren würden.

Die Interviews der Sendung Panorama finden Sie in der Mediathek der ARD in zwei Teilen:

(ac)
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