Auswüchse einer Bewegung Pegida, Pegada, Bodega

Düsseldorf · Am Wochenende zogen erstmals "Patriotische Europäer" gegen die "Amerikanisierung des Abendlandes" zu Felde. Abkürzung: "Pegada". Schon längst weiß man bei der ganzen Abkürzungswut nicht mehr so recht, ob man es nun mit einer wütenden Bürgerbewegung zu tun hat oder Satire.

 Am Wochenende kam in Erfurt erstmals "Pegada" zusammen.

Am Wochenende kam in Erfurt erstmals "Pegada" zusammen.

Foto: dpa, mic hpl

Es geschah in Erfurt. Am Samstag marschierten erstmals Anhänger unter dem Banner der "Pegada" auf. Übersetzt heißt das allen Ernstes: "Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes". Es kam zu Schlägereien mit Gegendemonstranten und Festnahmen.

Schon bei "Pegida" musste man sich fragen, wer sich dieses Wort-Konstrukt wohl ausgedacht haben mochte. Es hat zweifellos Karriere gemacht. "Pegida" hat sich als Marke sogar so prächtig etabliert, dass es in zahllosen Varianten kopiert wird.

Auch diese machen Schlagzeilen. "Dügida" in Düsseldorf. "Legida in Leipzig". "Nügida" in Nürnberg. "Mügida" und "Bagida" in München. "Bogida" in Bonn. "Kögida in Köln". "Fragida" in Frankfurt. "Dagida" in Darmstadt. "Kagida in Kassel". Neuerdings gibt es nun auch noch "BraMM". Dabei handelt es sich um "Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung."

Somit ist künftig auch bei noch so harmlos oder vertraut klingenden Namen Vorsicht angebracht. Bodega? Aida? Pagode? Haben wir es nun mit einer asiatischen Bauwerk oder einer politischen Gegenbewegung zu tun (Pagode = Patriotische Amerikaner gegen ostdeutsche Europäer)?

Wir brauchen klare Regeln für die Zuwanderung von Schneemännern. #schneegida pic.twitter.com/Br9Yu7mUET

Jetzt also auch noch "Pegada". Der Name sei bewusst in Anlehnung an "Pegida" gewählt worden, hieß es, sei aber kein offizieller Ableger. Es gebe aber deutliche Überschneidungen. Arme "Pegida". Das rückt die Dresdner Protest-Urväter um den bekennenden Hitler-Parodisten Lutz Bachmann endgültig in den Bannkreis von verwirrten Verschwörungstheoretikern.

Denn um genau diese Klientel handelt es sich bei "Pegada" nach Ansicht von Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und antifaschistischen Gruppen. Sie sprechen von einem "kruden Zusammenschluss" von Verschwörungstheoretikern, Neonazis und gewaltbereiten Hooligans.

Die Demonstranten in Erfurt taten alles in ihrer Macht stehende, um diesen Eindruck zu bestätigen. Unter dem Motto "Endgame" (Endspiel) warnten sie vor den USA als Terrormacht, forderten Meinungsfreiheit und ein Ende der NSA-Bespitzelungen, Reformen des Finanz- und Wirtschaftssystems, aber auch den Schutz von Natur und Umwelt.

Ein Blick auf die dazugehörige Facebookseite tut sein Übriges. Dort ist unter anderem ein Video zu sehen, das "einfach und für jedermann verständlich" erklärt, warum die USA Europa unterjochen und einen Krieg mit Russland anzetteln. "Nur die Wahrheit kann uns jetzt noch helfen", heißt es da.

Dass "Pegada" in seinem Titel einen Konflikt von "Amerikanisierung" und "Abendland" herstellt, macht die Sache nicht eben besser. Der historisch schillernden Begriff des Abendlandes spielt an auf die Himmelsrichtung Westen, wo abends die Sonne untergeht, aber ebenso auf die christliche Kultur. Amerika — der wilde Westen mit einer starken christlich-konservativen Kultur — lässt sich davon kaum ausgrenzen.

Das taugt nun ebensowenig dazu, ernst genommen zu werden, wie die lustige Namensvielfalt von Pegida bis "BraMM". Erste Parodien wie "Schneegida" kursierten bereits im Dezember, weitere sind regelmäßig bei Twitter und anderen sozialen Netzwerken zu finden.

Ich hab mir erlaubt, #Pegida ein neues Logo zu entwerfen. Finde, das passt ganz gut, oder? ... pic.twitter.com/AHVOS4V1mV

Bei der Lügenpresse kann man über so was nur den Kopf schütteln.

(pst)
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