Petition im Internet 126.000 Menschen fordern Spahn auf, vom Hartz-IV-Satz zu leben

Berlin · Auch wenn die umstrittenen Äußerungen von Gesundheitsminister Jens Spahn zu Hartz IV schon einige Tage zurückliegen - die Debatte über Armut und ihre Defition ist zu einem Selbstläufer geworden. Eine Petition, die den CDU-Politiker auffordert, einen Monat lang von 416 Euro zu leben, findet große Zustimmung.

 Jens Spahn beim Interview mit der Rheinischen Post.

Jens Spahn beim Interview mit der Rheinischen Post.

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Der in die Kritik geratene Spahn hat im Interview mit unserer Redaktion noch einmal seine Äußerungen erklärt und Verständnis für die Betroffenen geäußert. "Natürlich ist es schwierig, mit so einem kleinen Einkommen umgehen zu müssen, wie es Hartz IV bedeutet", hatte Spahn am Dienstag im Sender n-tv gesagt. "Das deckt die Grundbedürfnisse ab und nicht mehr - da gibt es auch nichts zu diskutieren, und das habe ich auch nicht in Frage gestellt."

Ihm sei es dennoch wichtig zu betonen, "dass unser Sozialsystem tatsächlich für jeden ein Dach über dem Kopf vorsieht und für jeden das Nötige, wenn es ums Essen geht", fügte der Bundesgesundheitsminister hinzu. Deutschland habe "eines der besten Sozialsysteme der Welt". Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut. Spahn rief damit auf der einen Seite heftige Kritik hervor, auf der anderen Seite stieß er eine Debatte über Armut in Deutschland an.

Und die nimmt zunehmend Fahrt auf: Im Internet startete inzwischen eine Petition, die Spahn auffordert, selbst einen Monat von 416 Euro zu leben. Die Initiatorin, eine alleinerziehende Hartz IV-Empfängerin aus Karlsruhe, wirft Spahn Unkenntnis vor. Inzwischen haben rund 126.000 Menschen die Petition auf "Change-org" unterschrieben.

Einer aktuellen Umfrage zufolge ist Armut in Deutschland für eine Mehrheit im Land tatsächlich ein Problem. In dem am Freitag veröffentlichten ZDF-"Politbarometer" gaben 70 Prozent der Befragten an, dass dieses Thema für sie ein "sehr großes" oder "großes" Problem darstellt. Dass die Schere zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren weiter auseinander gegangen ist, meinen 82 Prozent der Befragten. Nur drei Prozent sind der Ansicht, dass die Unterschiede kleiner geworden sind.

Von Spahns umstrittener These, dass die Hartz-IV-Leistungen ausreichten für das, was man zum Leben braucht, sind etwas mehr als ein Drittel der Befragten (37 Prozent) überzeugt. Sie glauben, dass das Geld reicht. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) hält die Aussage des neuen Gesundheitsministers für falsch - die Leistungen seien nicht ausreichend, meinen sie. Bei einer Umfrage des Nachrichtenmagazins "Focus" sind nur 45 Prozent der Ansicht, dass die Hartz-IV-Sätze zu niedrig sind. Hier gehen 40 Prozent der Befragten davon aus, dass die Leistungen "zur Deckung des materiellen Grundbedarfs" angemessen sind.

(mit Agenturmaterial)

(felt)
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