Philipp Rösler über Guido Westerwelle "Er war großartig und großherzig"

Düsseldorf · Als FDP-Chef löste Philipp Rösler im Mai 2011 Guido Westerwelle ab. Kennengelernt hatten die beiden sich aber schon 16 Jahre früher bei einem Kongress der Jungliberalen in NRW. Westerwelle war das Vorbild der liberalen Nachwuchsstars Rösler, Christian Lindner, Daniel Bahr und Patrick Döring. Ein ganz persönlicher Rückblick.

Philipp Rösler über Guido Westerwelle: "Er war großartig"
Foto: dpa, Soeren Stache

Wir saßen mit den Jungen Liberalen Hannover in deren Kreisgeschäftsstelle, als ich 1994 das erste Mal von Guido Westerwelle hörte. Wir diskutierten über die schwierige Lage der FDP. Es ging das Gerücht um, der damalige Bundesvorsitzende Klaus Kinkel wolle einen Jungen Liberalen zum Generalsekretär machen. Was für eine Nachricht! Einen JuLi, einen von uns in einem der wichtigsten Ämter, die eine Partei zu vergeben hat. Wir alle waren voller Hoffnung, geradezu elektrisiert von der Aussicht, dass einer aus den Reihen der JuLis der FDP wieder auf die Beine helfen sollte. Ein echter, ein mutiger und aus unserer Sicht längst überfälliger Schritt.

Und dann erlebten wir ihn erstmals in seinem neuen Amt. Auf dem Bundeskongress der JuLis 1995 in Bad Salzuflen war es soweit: Guido Westerwelle, frisch gewählter Generalsekretär der FDP trat als Gastredner auf. Und nicht zum letzen Mal hat er den Saal und uns alle mitgerissen. Es sollte noch oft passieren, dass er uns JuLis auf diese Weise neu motivierte und fiebernd für die liberale Idee und die FDP zurück in den Wahlkampf schickte.

Nach dem offiziellen Teil hatten wir noch die Gelegenheit, ein wenig mit ihm zusammenzustehen und Fragen zu stellen. Höflich und respektvoll begann ich meine Frage mit "Herr Westerwelle.." und wurde sofort unterbrochen: "Na, auf gar keinen Fall Herr Westerwelle, ich bin ja einer von euch und für euch bin und bleibe ich der Guido." Daran hat sich bis zum Schluss nichts geändert. Für uns mag es sich merkwürdig angefühlt haben, für ihn nie.

Er baute die Partei immer wieder auf

Und tatsächlich hat Guido nicht nur den damaligen Bundeskongress mitgerissen. In unzähligen Reden und Veranstaltungen hat er die ganze Partei in den schwierigen 90ern nach jeder Landtagswahlniederlage immer und immer wieder aufgebaut. Seine unermüdlichen Auftritte in den diversen Talkshowformaten der damaligen Zeit sorgten dafür, dass eigentlich gar nicht auffiel, dass wir in den Ländern parlamentarisch immer weniger vertreten waren. Sein ausdauerndes Engagement hat das Fehlen der FDP in den Ländern mehr als kompensiert.

Dabei sollte man nicht den Fehler machen, Guido Westerwelles Rolle auf Reden und öffentliche Auftritte zu reduzieren. Als Generalsekretär hat er die Liberalen von Grund auf neu aufgebaut und inhaltlich neu positioniert. Das Grundsatzprogramm, die Wiesbadener Grundsätze, waren sein Werk und ein wichtiger Grundstein für die Selbstständigkeit der FDP und die Wahlerfolge in den Ländern und im Bund nach 2000.

Manche haben ihn verehrt

Bei allem, was er damals gemacht hat, haben wir Jüngere ihn immer bewundert, vor allem seinen Mut. Manche haben ihn auch geradezu verehrt. So war er der Erste, der Ende der neunziger Jahre forderte, die Liberalen müssten auch über eine Zeit nach Helmut Kohl nachdenken. Für die damalige Zeit war das geradezu ein Tabubruch, aber wichtig für das Selbstverständnis der Liberalen.

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Foto: dpa, Carmen Jaspersen

Anders als öffentlich wahrgenommen hatte Guido eine großartige und großherzige Seite. Zugegeben, es hat immer ein wenig gedauert, bis man vom politischen Gespräch auch mal zum Privaten kam, aber wenn man genügend Zeit hatte, dann ist die rheinische Frohnatur zum Tragen gekommen und es zeigte sich der humorvolle, aber auch sensible, kluge und an seinem Umfeld interessierte Guido.

Alle mit dem Herzen dabei

Deshalb konnte Guido Westerwelle als Bundesvorsitzender nicht nur auf eine begeisterte Jugendorganisation zählen, denn viele der JuLis aus den 90ern waren zwischenzeitlich in wichtige Partei- oder Fraktionsämter in den Ländern aufgestiegen oder sogar Mitglieder der Bundestagsfraktion. Viele der JuLis, die 1995 in Bad Salzuflen mit dabei gewesen waren, wurden mit ihm in der Partei zu seinen Wegbegleitern, Freunden und Anhängern, und wir alle haben mitgemacht, uns mitgefreut und mitgelitten.

Fast alle von uns haben das Projekt 18 in dem umstrittenen Wahlkampf 2002 mitgetragen, genauso wie den Steuersenkungswahlkampf 2009. Wir alle haben mitgelitten, als Guido seine wahrscheinlich schwerste Zeit im politischen Leben durchmachen musste: die Auseinandersetzung mit Jürgen Möllemann.

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Foto: dpa, ks sne jai

Stoibers Gesichtsausdruck werden wir nie vergessen

Und wir haben uns mitgefreut, als Guido seinen späteren Mann Michael Mronz zum 50. Geburtstag Angela Merkels mitgebracht hatte. Die Bilder von Guido, Michael und Angela Merkel in der ersten Reihe werden für uns als Statement für eine freie und tolerante Gesellschaft unvergessen bleiben. So wie übrigens der Gesichtsausdruck des ebenfalls in der ersten Reihe sitzenden Edmund Stoiber auch.

Guido schien zutiefst angekommen und zufrieden und dies spiegelte sich nicht zuletzt in der unaufdringlichen Selbstverständlichkeit wider, mit der Guido und Michael von nun an gemeinsam auftraten. Es ist kein Zufall, dass viele liberale Führungspersönlichkeiten aus der Zeit stammen, die Guido Westerwelle geprägt hat, auch wenn am Ende unsere Generation Westerwelle als Bundesvorsitzenden abgelöst hat. Auch heute noch sind viele in der FDP in verantwortungsvollen Positionen. Sie haben Guido viel zu verdanken.

Wir sind mit Guido Westerwelle aufgewachsen. Er hat uns motiviert, angetrieben, begeistert und manchmal auch verzweifeln lassen.

Er wird uns sehr fehlen.

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