Konflikte bei den Newcomern Piraten werfen sich gegenseitig Mobbing vor

Berlin · Mit dem Näherrücken von Macht, Geld und Einfluss nehmen bei den Piraten nun auch die internen Konflikte an Schärfe zu. Wenige Wochen vor der Wahl eines neuen Bundesvorstandes ist ein Machtkampf zwischen dem Bundesvorsitzenden Sebastian Nerz und dem Berliner Landesverband entbrannt.

Piraten wie wir - Wer hat da in Berlin gewonnen?
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Nerz will wiedergewählt werden, die Berliner Piraten bieten Gegenkandidaten auf und verbitten sich den Umgangston. Insbesondere Nerz und der Berliner Piraten-Fraktionschef Andreas Baum sind in E-Mails, Twitter-Beiträgen und Telefonaten — mal vertraulich, mal öffentlich — aneinandergeraten. Nerz verwahrt sich dem Vernehmen nach gegen eine "permanente Feindeshaltung" von Berliner Piraten gegen die Bundesspitze. Seine Vorwürfe gipfeln in der Feststellung, es gehe "teilweise bis zum gezielten Mobbing gegen Beauftragte und Vorstandsmitglieder der Piratenpartei Deutschland".

Die entsprechende E-Mail veröffentlichte Baum nicht. Er schickte sie lediglich an seine Abgeordnetenkollegen weiter und stellte eine öffentliche Antwort auf die von Nerz in einer "offensichtlich sehr verärgerten Stimmung" geschriebene E-Mail auf die Homepage der Piratenfraktion. Und er widersprach Nerz in der Einschätzung, dass er Kritik an dem Vorgehen einzelner Fraktionskollegen auch beim Fraktionsvorsitzenden abladen könne. Hintergrund ist offensichtlich unter anderem ein Streit um die Kosten für die Schulung eines neuen Pressesprechers. Von "Versorgungsposten" war die Rede, und sofort kursierten Ehrensoldwitze zum Anlernen des neuen Sprechers durch den Vorgänger.

Nerz erkennt Twitters Tücken

Immer wieder kommt dabei grundsätzliches gegenseitiges Misstrauen zum Ausdruck. Kaum hatte Nerz bei Twitter die Nachricht verbreitet, er habe mit dem Berliner Abgeordneten Martin Delius ein "sehr ruhiges Telefonat" geführt, da interpretierten Piraten den von Nerz dahinter gesetzten augenzwinkernden Smiley ";-)" mit den Worten, das heiße ja wohl, dass man sich am Telefon wüst beschimpft habe und keinen Schritt weitergekommen sei. Auch der Disput zwischen Baum und Nerz wurde derweil öffentlich, weil Nerz bei Twitter Baum öffentlich ansprach und bemerkte, seine kurze E-Mail sei missverstanden worden. Am Ende des öffentlichen Dialogs kamen sie überein, alles Weitere in einem Telefonat klären zu wollen.

Nerz will erreichen, dass sich die Berliner Abgeordneten ihrer "exponierten Stellung" bewusst werden — und sich in öffentlichen Foren entsprechend zurückhalten, wenn es um Kritik am eigenen Laden geht. Delius räumte ebenfalls selbstkritisch ein, die Piraten gerierten sich öffentlich "oftmals wie Wilde aus Urzeiten, ohne auch nur geringe Spuren von anerzogener Höflichkeit erkennen zu lassen".

Für Nerz hat insbesondere die Kommunikation über Twitter eine Tücke. Es habe eine "Verlockung" für Piraten, da es "ständig offen" sei. Dabei werde nur manchmal unterschätzt, "wie schwierig und belastend ständige Sticheleien sein können", betont Nerz. Und er verweist darauf, dass es in jüngster Zeit auf unterschiedlichen Ebenen der Partei Rücktritte und Rückzüge von Vorstandsposten gegeben hat. Nerz: "Das sollte durchaus zum Nachdenken anregen."

(RP/jre/csi/jh-)
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