Transitland Deutschland Einstieg in eine Maut für alle

Meinung | Berlin · Der Bundestag wird am Freitag eine absurde Pkw-Maut nur für Ausländer beschließen. Sie wird den Ruf Deutschlands in Europa nachhaltig beschädigen. Denn sie hat den entscheidenden Makel, Ausländer zu diskriminieren. Sinnvoll wäre ein europaweites Maut-System.

Fakten für und gegen die Pkw-Maut
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Foto: dpa, jbu pzi tmk tba

Um derartige Diskriminierungen zu unterbinden, gibt es eigentlich das gemeinsame Europarecht. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat eine gesamte Legislaturperiode damit zugebracht, das Europarecht auszuhebeln und die Rechtswidrigkeit der deutschen Maut irgendwie zu umschiffen. Am Ende scheint ihm das zwar gelungen zu sein. Was aber bleibt, ist der verheerende Eindruck, dass Deutschland eben nicht davor zurückschreckt, andere EU-Bürger gegenüber Deutschen zu diskriminieren. Ein solcher Eindruck schürt unsolidarisches Verhalten innerhalb der EU bei anderen Mitgliedsländern, etwa in der Flüchtlingsfrage. Die Ausländer-Maut wird auf Deutschland zurückfallen.

Mini-Ertrag von 500 Millionen Euro

Weil die Maut deutsche Autofahrer nicht belasten soll, entsteht zudem ein Bürokratiemonster. Jeder einzelne der 45 Millionen Pkw-Halter in Deutschland soll die Maut auch kaufen müssen, gleichzeitig aber über die Kfz-Steuer wieder entsprechend entlastet werden. Dobrindt behauptet zwar, dies durch Vereinfachungen im Verfahren reibungslos hinzubekommen. Doch der bürokratische Aufwand ist trotzdem so enorm, dass Sachverständige bei der jüngsten Experten-Anhörung im Bundestag zum Schluss kamen, dass der Ertrag der Maut ihren Aufwand kaum übersteigt. Ohnehin rechnet auch Dobrindt nur mit einem Mini-Ertrag von jährlich 500 Millionen Euro. Selbst dieser geringe Betrag könnte nach der Expertenprognose nicht erreicht werden.

Keine Legitimation

Wenn aber die Maut keinen nennenswerten Ertrag bringt, verliert sie einen ihrer wesentlichen Legitimationsgründe. Mit den Einnahmen sollten Ausbau und Sanierung von Straßen finanziert werden. Dafür fehlen jährlich viele Milliarden. Diese Maut wird jedoch die enorme Infrastrukturlücke nicht einmal im Ansatz schließen können.

Was die CSU und auch die Bundesregierung insgesamt den Bürgern nicht ehrlich und offen sagen, weil das im Autoland ein absolutes Tabu ist: Diese Ausländer-Maut ist natürlich der Einstieg in eine Maut für alle. Wenn sie erst einmal da ist, wird sie nicht wieder abgeschafft. Sie wird steigen, und spätestens dann auch deutsche Autofahrer belasten.

Deutschland im Herzen Europas ist ein Transitland. Trotzdem erhebt Deutschland als eines der wenigen Kernländer bisher für seine Autobahnen keine Maut. Das wird auf Dauer nicht so bleiben können. Es ist auch in Deutschland überfällig, die Verursacher von Straßenabnutzung, Lärmbelästigung und vor allem von massiven Treibhausgas-Emissionen für diese externen Kosten zur Kasse zu bitten.

Deshalb machte es Sinn, die absurde deutsche Ausländer-Maut mittelfristig in ein europaweites Maut-System für die Nutzung von Autobahnen zu integrieren. In diesem System würden dann selbstverständlich auch deutsche Autofahrer die Maut komplett mittragen müssen.

(mar)
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