Polizei-Bilanz zu G20-Krawallen "Wir sind von der Brutalität überrascht worden"

Hamburg · Polizei und Politik haben eine Bilanz der Einsätze rund um den G20-Gipfel in Hamburg gezogen: Neben den nackten Zahlen steht das Fazit, dass man teilweise von der Intensität der Proteste überrascht worden sei.

 Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, l-r), Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeisprecher Timo Zill, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde bei der Pressekonferenz zur Bilanz des Einsatzes.

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, l-r), Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeisprecher Timo Zill, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde bei der Pressekonferenz zur Bilanz des Einsatzes.

Foto: dpa, chc axs

Der Polizeibilanz zufolge sind bisher sind insgesamt 37 Haftbefehle gegen Verdächtige erwirkt worden, sagte der Hamburger Einsatzleiter Hartmut Dudde am Sonntag. Es seien 186 Menschen vorläufig festgenommen und 225 Menschen in Gewahrsam genommen worden. Den Angaben zufolge wurden insgesamt 476 Beamte verletzt.

Trotz langer Vorbereitungen auf den G20-Gipfel sind die Sicherheitsbehörden von der Brutalität der Proteste allerdings überrascht worden. Man habe es "mit skrupellosen Gewaltakten von Kriminellen" zu tun gehabt, "die wir in dieser konkreten Form nicht an jeder Stelle vorhergesehen haben. Und die - glaube ich - auch niemand vorhersehen konnte", sagte Innensenator Andy Grote (SPD).

Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz räumte ein, dass es nicht gelungen sei, so für die Sicherheit zu sorgen, wie man sich das vorgestellt habe. "Das erschreckt - jeden, mich auch. Das bedrückt - jeden, mich auch." Der SPD-Politiker ergänzte: "Wir haben schlimme Bilder gesehen. Und diesen schlimmen Bildern liegen schlimme Taten zugrunde."

Scholz: Diese Verrohung ist inakzeptabel

Scholz zeigte sich betroffen, dass sich über den Kreis der brutalen Gewalttäter hinaus viele Menschen an den Krawallen beteiligt hätten.
Man habe erlebt, "dass es ganz viele gibt, die dann auf dieser Welle mitgeritten sind". Sie hätten offenbar in einer "Partylaune" Flaschen auf Polizeibeamte geworfen, Geschäfte zerstört und geplündert. "Das ist eine Verrohung, die ich völlig inakzeptabel finde, und gegen die wir uns gemeinsam stellen sollten."

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer wies aber auch darauf hin, dass es bei dem bisher größten Einsatz der Hamburger Polizei gelungen sei, die Sicherheit des Treffens "mit den zahlreichen Störversuchen" bis zum Schluss zu gewährleisten. Ihn bedrücke jedoch, dass es nicht gelungen sei, Verletzungen der Einsatzkräfte zu vermeiden und den Schutz des Eigentums der Hamburger Bürger umfassend zu gewährleisten.

Mehr als 20.000 Beamte waren laut Polizeipräsident Meyer im Einsatz.
Es sei "alles, aber auch wirklich alles Menschenmögliche an Vorkehrungen getroffen" worden. Mit Blick auf den juristischen Streit um Übernachtungscamps für G20-Kritiker betonte Meyer, für die Polizei sei es wichtig gewesen, "keine Schlafstätten für militante Extremisten" in Hamburg zu haben; das sei letztlich aber nicht gelungen. Es sei schwierig, wenn "Täter ohne Bezug zum Gipfel" an unterschiedlichen Stellen der Stadt in einer "Kleingruppentaktik" agierten.

Romann fordert harte Urteile gegen Gewalttäter

Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, erwartet Urteile mit abschreckender Wirkung gegen die Gewalttäter von Hamburg. Gesehen habe man eine "neue Dimension linksterroristischer und autonomer Gewalt", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Mit bedingtem oder bewusstem Tötungsvorsatz musste man nicht rechnen." Auf die Justiz komme die Aufgabe zu, Polizisten vor einer Wiederholung zu schützen.

Romann sagte, die Sicherheit der Staatsgäste und ihrer Delegationen sei von der Anreise bis zur Abreise jederzeit gewährleistet gewesen.
Zugleich wies er Kritik zurück, wonach das Schanzenviertel zeitweilig ein rechtsfreier Raum gewesen sei. Der Eindruck sei unzutreffend.
"Bevor man in die Honigfalle eines Lagerfeuers rennt, muss die Polizei erst alle Nebengassen, Häuser und Dächer absichern, weil die Beamten ansonsten von dort aus dem Hinterhalt mit letal wirkenden Präzisionszwillen beschossen oder mit Gehwegplatten beworfen werden."

(felt/dpa/AFP)
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