Zusammenstöße in Frankfurt Polizei setzt Schlagstöcke gegen Blockupy ein

Die Polizei geht am Samstag rigide gegen die Blockupy-Demonstration in Frankfurt vor. Ein Teil der Demonstranten wurde eingekesselt. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

"Wir sind wieder da!", verkündet eine Blockupy-Sprecherin selbstbewusst über den Lautsprecherwagen. Die Bewegung nimmt für sich in Anspruch, die Kritik am Kapitalismus und am Krisenmanagement der EU auch in diesem Jahr wieder ins Herz der Frankfurter Finanzwelt getragen zu haben. Mehrere tausend Aktivisten sind dem Aufruf gefolgt. Das Finanzviertel und die Gegend rund um die Europäische Zentralbank sind von starken Polizeikräften abgeriegelt. "Frankfurts Banker sind im Panic Room", spottet die Sprecherin.

Ein bunter Zug hat sich an diesem Samstag zusammengefunden: Rote Fahnen der Linken, orangefarbene von Attac und gelbe von Flughafengegnern flattern um die Wette. Das Wetter ist deutlich besser als am Freitag, als sich bei strömenden Regen zwischen 1000 und 3000 Demonstranten an Aktionen vor der EZB, auf der Einkaufsmeile Zeil und am Flughafen beteiligten. Am Samstag sind es deutlich mehr:

Sie rufen: "A-Anti-Anticapitalista"

Die Polizei spricht von rund 7000, die Veranstalter sogar von über 20 000. Unter ihnen sind auch Aktivisten aus europäischen Nachbarländern, der am häufigsten angestimmte Slogan ist südländisch: "A-Anti-Anticapitalista".

Zwischenzeitlich zeigt sich sogar die Sonne. Bunt gekleidete Demonstrantinnen pusten Seifenblasen in die Luft, ein Wasserball wird von der Menge immer wieder in die Luft geworfen. Die heitere Stimmung hält aber nicht lange an. Nach einigen hundert Metern steigt stinkender Qualm einer Rauchbombe auf, eine Leuchtrakete fliegt. Auf einmal stoppt der Zug. Die Polizei rückt ein und trennt den mittleren Teil der Gruppe vom Rest ab.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

In dem eingekesselten Sektor befinden sich zahlreiche, überwiegend schwarz gekleidete Demonstranten, die sich vermummt haben. Sie führen nach Angaben der Polizei "Passivbewaffnung" wie Schilde mit sich und haben Seile an den Rändern des Zugs gespannt, die ein Eindringen von Polizisten erschweren würden. Die Polizeiführung sieht darin einen Verstoß gegen Demonstrationsauflagen und stoppt den Zug. Mit Schlagstöcken und Pfefferspray gehen Beamte gegen einzelne Demonstranten vor. Blockupy spricht von grundloser Gewalt, die Polizei von einer Reaktion auf Angriffe gegen Beamte. Augenzeugen berichten von Demonstranten, denen die Augen ausgespült werden.

Beide Seite machen sich gegenseitig für die aufgeheizte Stimmung und den Stopp des Zuges verantwortlich. "Alles deutet darauf hin, dass diese Eskalation von der Polizeiführung in Wiesbaden von langer Hand vorbereitet worden und der Kessel an dieser Stelle von vornherein geplant worden ist", erklärt Blockupy-Sprecherin Ani Dießelmann später in einer Pressemitteilung. So seien etwa die Dixie-Toiletten für die Eingekesselten innerhalb weniger Minuten vor Ort gewesen. "Die standen offenbar schon passend bereit."

Langeweile an der Zugspitze

Das Tauziehen um die Bedingungen für eine Fortsetzung des Zuges zieht sich stundenlang dahin. Die Polizei verlangt von den Eingekesselten, die Vermummung abzulegen und die verknoteten Transparente abzulegen. Dazu sind die Demonstranten nach eigenen Worten bereit, weisen aber Forderungen nach Leibesvisitationen und Gepäckkontrollen als Schikane zurück.

An der Spitze des Demonstrationszuges, vor dem Kessel, beginnt sich derweil langsam Langeweile breitzumachen. Ein Demonstrant mit Zopf und rotem T-Shirt redet auf einen Polizisten ein, erzählt von den Nöten der Bevölkerung in den Krisenländern Griechenland und Spanien. Dann kommt er auf die Dekadenz von Hochkulturen und endet damit, dass die "Menschheit in drei Jahrtausenden Kulturgeschichte nichts gelernt hat". Der Beamte lässt den Vortrag über sich ergehen, ohne eine Miene zu verziehen. Würde er eine Bärenfellmütze tragen, könnte er vor dem Buckingham-Palast stehen - so ruhig bleibt er.

Ein Polizist muss grinsen

"Wir gehen auch für Sie auf die Straße", ruft derweil Demonstranten-Sprecher Thomas "Occupy" über Mikrofon den Beamten zu. "Legt die Uniformen ab". Nicht völlig unerwartet folgt keiner der Polizisten der Einladung. Thomas "Occupy" kommt schließlich der Einfall, sein Angebot zu verbessern: "Ich garantiere für jeden, der die Uniform ablegt, einen Monat freie Kost und Logis", verspricht er. Ein junger Beamter muss grinsen. Nicht jeder Polizist hat eben das Zeug zum Wachposten vor Buckingham Palace.

(dpa/pst)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort