Pressestimmen "Angela Merkel ist ein kleines Kunststück gelungen"
Die Rede von Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe am 14. Dezember 2015 und der Parteitag insgesamt haben auch in den Medien im In- und Ausland reichlich Beachtung gefunden. Ein Blick in die Kommentarspalten.
Rheinische Post: "In ihrer Rede – eine der besten, die sie je gehalten hat – legte sie einem Vermächtnis gleich ihre Sicht der Dinge überzeugend dar. Als Christin und verantwortungsvolle Politikerin kann sie Menschen in echter Not nicht abweisen, solange ihr Land über solche Ressourcen verfügt wie die Bundesrepublik. Das war schon stark. Da spricht jemand, der im Einklang mit sich selbst ist."
Süddeutsche Zeitung: "Merkel wird die Angriffe aus der CDU gegen ihre Flüchtlingspolitik für nicht weniger unpassend empfunden haben als Gabriel die Kritik der Jungsozialisten an TTIP oder der Vorratsdatenspeicherung. Aber die CDU-Chefin würde mit ihren Kritiker nie so umgehen wie der SPD-Vorsitzende. Gabriel liegt seit Monaten in einer offenen Feldschlacht mit den Jusos. Von Merkel wurde dagegen kein einziges böses Wort über die Junge Union bekannt, obwohl der Parteinachwuchs die Politik der Vorsitzenden in den vergangenen Wochen genau so hart kritisiert hat wie die Jusos die von Gabriel. Merkels Leute streicheln ihre Kritiker in die gewünschte Richtung, Gabriel will sie dahin prügeln. Welche Strategie erfolgreicher ist, hat sich in den vergangenen Tagen gezeigt."
Welt.de: "Spektakuläre Parteitage hat das Publikum zuletzt reichlich erlebt: Da hat ein CSU-Vorsitzender seine Kanzlerin auf öffentlicher Bühne wie ein Schulmädchen gedemütigt und SPD-Funktionäre entzogen dem Vizekanzler bei Wahlen die Legitimation für seine Politik. In Karlsruhe gab es heute kein solches Spektakel. Vielmehr stärkte eine Partei sehr deutlich den Kurs ihrer Vorsitzenden. In den Zeiten, in denen wir leben, ist das vielleicht das Bemerkenswerteste. (...) Ob Euro-Krise, Terrorbedrohung oder Flüchtlingsansturm – die Probleme wachsen, aber ausgerechnet die früher so unberechenbaren Deutschen suchen die Lösung weiter in der Mitte. Bemerkenswert."
Faz.net: "Merkel machte es ihrer Partei auch in dieser Hinsicht nicht leicht. Auf dem Karlsruher Parteitag erneuerte sie ihren Pakt mit der CDU, dessen erster Zweck es ist, den Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu stellen. Merkel und die Partei wissen, dass sie sich dafür wechselseitig brauchen, mehr denn je. Anders als in der SPD nimmt die Funktionärsschicht der CDU daher manches hin, was an der Basis für Unmut und Abwendung sorgt. Den Sozialdemokraten und auch der CSU zeigte die CDU mit Ovationen für Merkel und der nahezu einstimmigen Annahme der 'Karlsruher Erklärung', dass ihr Wille zur Macht auch nach 46 Jahren Regierungsverantwortung ungebrochen ist."
Hannoversche Allgemeine Zeitung: "Merkel kann die neun Minuten Applaus als Bestätigung ihres bisherigen Kurses werten. Die Machtfrage ist geklärt. Vorerst. In den kommenden Wochen wird die Kanzlerin keine weiteren Angriffe fürchten müssen. Wenn im kommenden Jahr die Zahl der Flüchtlinge aber nicht sinkt, dann wird der Streit von vorne losgehen."
Lausitzer Rundschau: "Leugnen lässt sich trotzdem nicht, dass die Entfremdung zwischen der Vorsitzenden und der CDU-Basis so groß ist wie noch nie. Die Probleme, die der Flüchtlingsansturm verursacht, lassen sich eben nicht durch einen möglichst ausgewogenen Leitantrag oder eine leidenschaftliche Rede auf Dauer beseitigen. Auf die Delegierten wartet die komplizierte und herausfordernde Wirklichkeit daheim. Merkel muss deshalb liefern. Sie ist zum Erfolg verdammt. Ihre Politik, die in Europa bislang nicht fruchtet, muss tatsächlich dazu führen, dass die Bürger Erfolge bei der Begrenzung des Ansturms erkennen."
Stuttgarter Zeitung: "Die Kanzlerin hat sich mit ihrem Kompromisspapier, mit ihrem starken Auftritt in Karlsruhe Zeit erkauft. Der Burgfrieden mit dem Teil der Union, der von ihrer Willkommenspolitik nicht überzeugt ist, wird nicht von langer Dauer sein. Merkel wurde eine Schonzeit eingeräumt. Die Wortakrobatik, die sich in dem Antrag widerspiegelt, um den so lange gefeilscht worden ist, löst kein einziges Problem. Doch wenn es nicht gelingt, rasch wieder Kontrolle über den Zustrom nach Deutschland zu gewinnen, wenn dieser sich nicht binnen kurzer Frist dauerhaft drosseln lässt, steht Merkel der nächste Aufruhr ins Haus."
Rhein-Zeitung: "Noch setzt die CDU darauf, dass die Flüchtlingszahlen zurückgehen, dass die EU-Länder mehr Lasten schultern, dass die Fluchtursachen erfolgreich bekämpft und die EU-Außengrenzen wieder gesichert werden. Was passiert, wenn all das nicht gelingt, ist in dem 730-Zeilen-Beschluss zumeist nur angedeutet. 'Wirksame Maßnahmen', 'weitere Schritte', 'ordnen', 'steuern', 'intensivieren' – das lässt Raum für scharfe, ja schärfste Nachbesserungen. Und wenn die CDU beschließt, dass es nur bei einem Gelingen der Grenzsicherung am Rand der EU dauerhaft bei den offenen Grenzen im Innern bleiben könne, dann lässt sich das auch umgedreht lesen: Die Zeit läuft ab, in der Deutschland den ungebremsten Zustrom toleriert."
Kölner Stadtanzeiger: "Die Revolution ist ausgefallen auf dem Parteitag der CDU. Reihenweise haben sich Merkels Kritiker vor der Chefin verbeugt. Die Parteivorsitzende hielt eine furiose Rede, vielleicht die beste Rede ihrer Amtszeit. Ihr 'Wir schaffen das' stellte sie in die Tradition der Geschichte des Landes und der Partei, die den Wiederaufbau nach dem Krieg und die Wiedervereinigung bewältigt haben. Dem Vorwurf, es fehle ihr an Weitblick, setzte sie einen Appell zu Mut und weniger Verzagtheit entgegen. Sie packte ihre Parteifreunde an der Ehre. Es war eine Mia-san-Mia-Rede ganz eigener Art. Merkel hat das Selbstbewusstsein einer CDU definiert, die den Verlockungen eines Rechtsrucks widerstehen kann."
Berliner Morgenpost: "Nach dieser Rede, nach diesem Vertrauensbeweis von Karlsruhe kann man sich nicht vorstellen, dass Merkel schon 2017 aufhört. Sie muss schon wegen der Flüchtlingskrise weitermachen. Wenn sie Erfolg hat, wie Adenauer mit dem Wiederaufbau, wie Erhard mit der sozialen Marktwirtschaft, wie Kohl mit der Einheit, bleibt die CDU die bestimmende Kraft. Dann wird auch das 'C' revitalisiert, das christliche Bekenntnis. Merkel hat selber an ihre Amtsvorgänger erinnert. Es war eine Rede über die Kraft der Autosuggestion, über sich erfüllende Prophezeiungen. Der Satz 'Wir schaffen das' gehört dazu. Es war clever, die CDU an ihre Erfolgskanzler zu erinnern. Auf diese Weise hat Merkel ihre Partei bei der Ehre gepackt."
Badisches Tagblatt: "Dieses Bild sollte von Karlsruhe ausgehen: Die CDU ist eine geschlossene Partei. Je mehr die Kanzlerin zuletzt infrage gestellt wurde, desto mehr eint die Unionisten in Karlsruhe der Wunsch nach Zusammenhalt. Schon allein, weil sich die SPD bei ihrem Parteitag blamiert hat, wollen die Christdemokraten die Chance nutzen. (...) Natürlich war die Vorarbeit des Vorstands die Voraussetzung dafür, dass sich die CDU in großer Einigkeit hinter Antrag und Chefin vereint. Es ist den Unterhändlern gelungen, Bedenken der Kritiker in den Text mit einzuarbeiten. Ein Meisterwerk der Glättung."
Mannheimer Morgen: "Ihre Partei hat Angela Merkel im Griff, aber die Stimmung im Land nicht. Was die Kanzlerin dann tun – und wie lange sie selbige bleiben – könnte, ist müßig zu spekulieren. Einstweilen hat sie für ihr 'Wir schaffen das' die CDU hinter sich. Und das ganze Land sollte ihr fürs Gelingen die Daumen drücken. Denn die Alternative wäre Chaos."
Neue Osnabrücker Zeitung: "Angela Merkel hat es geschafft, die Stimmung zu drehen, unter den Christdemokraten jedenfalls. 24 Blatt Papier zum Thema Flüchtlingspolitik haben auf dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe Weihnachtsfrieden in der zerstrittenen Union bewirkt. Die Entschiedenheit, mit der die Vorsitzende Konzessionen an ihre Kritiker abwehrte, stärkt ihre Autorität. Die hatte parteiintern merklich gelitten, trotz der weltweiten Respektbekundungen für die Kanzlerin. Mehrfach musste sich die CDU-Chefin vor den eigenen Leuten rechtfertigen. Auch weiterhin gilt: 24 Blatt Papier, so viel umfasst der Leitantrag des CDU-Parteitags, lösen die Probleme nicht. Sie sind nur eine Anleitung für deren Lösung."
Trierischer Volksfreund: "Die Kanzlerin setzt Menschlichkeit, das Recht jedes Einzelnen auf Schutz und Chancen gegen den Hass und die Ausgrenzung der Rechtspopulisten. Das war ihre klare Abgrenzung, das war auch ein eindeutiger Auftrag an ihre Partei. Wer Werte hat, und die hat die Union, der muss sie selbstbewusst vertreten. Die Delegierten haben das beklatscht. Leugnen lässt sich trotzdem nicht, dass die Entfremdung zwischen der Vorsitzenden und der CDU-Basis so groß ist wie noch nie. Merkel muss deshalb liefern. Sie ist zum Erfolg verdammt. (...) Ansonsten könnte die Quittung der Wähler bald folgen – vielleicht schon bei den Landtagswahlen im März nächsten Jahres."
Aachener Zeitung: "'Da weiß man, was man hat!' Mit diesem Spruch wurde vor Jahrzehnten ein Waschmittel beworben. Die Christdemokraten haben gestern einmal mehr und besonders eindrucksvoll bewiesen, dass dieser Slogan mehr noch als zu Persil zu ihrer Partei passt: 'CDU – da weiß man, was man hat!' In einem Land, in dem die große Mehrheit der Wählerschaft Überraschungen, Streit und erst recht Revolten äußerst skeptisch betrachtet, ist das nicht die dümmste Werbung. Es ist gestern auf dem CDU-Bundesparteitag so gelaufen, wie zu erwarten war - wie immer. Nach 15 Jahren Parteivorsitz beherrscht Merkel ihre Partei und die Methode, hart und zugleich geschmeidig zu sein, die eigene Position zu behaupten und Kritiker einzubinden. Sie beschwört Grundwerte wie Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe, Menschenwürde – 'von Gott geschenkt'. Merkel packt die Partei bei deren Gewissen. Dagegen erhebt niemand das Wort."
Pforzheimer Zeitung: "Merkel ist es gelungen, ihre Partei wieder hinter sich zu versammeln. Die Kritiker hat sie umarmt, ihre Anhänger musste sie dafür nicht vor den Kopf stoßen. Denn Merkel ist in der Flüchtlingsdebatte sich und ihrer Linie treu geblieben: Keine Obergrenze, dafür bleibt es beim 'Wir schaffen das'. Falls die Bundeskanzlerin parteiintern je gewackelt haben sollte, dann ist das zumindest vorerst vorbei. Während die SPD bei ihrem Parteitag Ende vergangener Woche in Berlin in Selbstdemontage verfiel, schafft die CDU in Karlsruhe einen ungeahnten Aufbruch. Das ist bereits heute ein starkes Signal in Richtung Bundestagswahl 2017. Ob dieses Signal auch beim Wähler ankommt, ist freilich eine ganz andere Frage."
Schwäbische Zeitung: "Die CDU ist eine machtbewusste Partei. Spätestens nach dem SPD-Parteitag hatten die Merkel-Kritiker begriffen, wie sehr der Erfolg der CDU an der Kanzlerin hängt. Angela Merkel hat sich dies zu Nutze gemacht und einen wichtigen Etappensieg errungen. Die größeren Kämpfe stehen ihr allerdings in den nächsten Tagen und Wochen auf EU-Ebene noch bevor."
Rhein-Neckar-Zeitung: "Zumal der CDU mit der 'Karlsruher Erklärung' der Spagat gelingt, zum einen die Willkommenskultur zu pflegen und somit die Kanzlerin zu stärken, zum anderen befinden sich ausreichend Forderungen nach einer besseren Integration und einer Bekämpfung der Fluchtursachen darin. Der Ruf nach Obergrenzen oder ähnlichem Antiflüchtlingsbalsam ist da schlicht nicht mehr nötig. Was dieser Parteitag aber auch zutage brachte: Es gibt keine sinnvolle Alternative zur bisherigen Flüchtlingspolitik. Eine wichtige Botschaft in Wahlkampfzeiten."
Hessische Niedersächsische Allgemeine: "Auch wenn sich beim Parteitag der innerparteiliche Druck in der Flüchtlingspolitik nicht entladen hat, weg ist er nicht. Leugnen lässt sich nicht, dass die Entfremdung zwischen der Vorsitzenden und der CDU-Basis so groß ist wie noch nie. Die Probleme, die der Flüchtlingsstrom verursacht, lassen sich eben nicht durch einen Leitantrag oder eine Rede auf Dauer beseitigen. Merkel ist deshalb zum Erfolg verdammt. Ihre Politik, die in Europa bislang nicht fruchtet, muss tatsächlich dazu führen, dass die Bürger Erfolge bei der Begrenzung des Flüchtlingsstroms erkennen."
Thüringische Landeszeitung: "Und die Siegerin im unionsinternen Streit über die Flüchtlingspolitik heißt: Angela Merkel. Daran konnte kein wirklicher Zweifel bestehen. Kleinlaut und mutlos haben sich die Gegner der Politik der offenen Grenzen auf dem Karlsruher Parteitag mit einem faulen Formelkompromiss ruhigstellen lassen. (...) Machterhalt war für die CDU-Delegierten wichtiger als eine offene und vor allem ergebnisoffene Debatte. Das hat durchaus Tradition in der Kanzlerpartei CDU, während die Sozialdemokraten ihre Kanzler und Vorsitzenden mit Vorliebe durch innerparteilichen Zwist schwächen. Aber so weit entfernt von dem, was viele ihrer Wähler von ihr erwarten, hat sich die CDU noch nie."
Ostsee-Zeitung: "Merkel kann die neun Minuten Applaus als Bestätigung ihres Kurses werten. Die Machtfrage ist geklärt. Vorerst. In den nächsten Wochen wird die Kanzlerin keine weiteren Angriffe fürchten müssen. Wenn im kommenden Jahr die Zahl der Flüchtlinge aber nicht sinkt, wird der Streit von vorne losgehen."
Westfalenpost: "Hut ab, das war souverän. Kämpferisch, rhetorisch überraschend, sympathisch, voller Optimismus, sogar ein bisschen visionär: CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat ihre Partei gestern mit einer guten Rede überzeugt – von sich selbst und von ihrer politischen Linie. Applaus im Überfluss und eine überwältigende Mehrheit für den Leitantrag sind starke Signale, die Sigmar Gabriel sich vergangene Woche bei der SPD wohl auch gewünscht hätte. Die Christdemokraten stehen hinter Merkel. Allerdings sollte sich die CDU davor hüten, jetzt in Dauer-Euphorie zu verfallen. Die Zweifler in den eigenen Reihen hat die Bundeskanzlerin besänftigt, vielleicht sogar komplett auf ihre Seite gezogen. Aber es steigt die Zahl der Bundesbürger, die dieser und den anderen etablierten Parteien nicht mehr zutrauen, die Flüchtlingskrise lösen zu können – übrigens auch bei der CSU, die dem Koalitionspartner noch gefährlich werden könnte."
Nürnberger Zeitung: "Zum wiederholten Mal hat Angela Merkel Standfähigkeit bewiesen und die Zähigkeit, von ihr als richtig und notwendig erkannte Antworten auf politische Fragen auch durchzusetzen. Parteiinterne wie –externe Kritiker machte Merkel auf diese Weise zu Kleingeistern. Die Lösung der Flüchtlingsproblematik gelingt nicht bei Renationalisierung und Ausgrenzung, sondern europa- und weltweit nur durch die Kooperation freier und demokratischer Gesellschaften."
Märkische Oderzeitung: "Die CDU hat es besser gemacht als die SPD. Auf ihrem Parteitag ließen die Delegierten ihre Anführerin nicht im Regen stehen, so wie es die Genossen mit Sigmar Gabriel zelebrierten. Auch wenn viele in der Merkel-Partei nicht nur beim Thema Flüchtlinge keineswegs alle Ansichten ihrer Vorsitzenden teilen, schaffen es die Christdemokraten, wieder ein Bild der Geschlossenheit zu zeigen. Das liegt auch daran, dass sich eine Mehrheit in der CDU mittlerweile der Realität stellt und eben nicht versucht, die Flüchtlingskrise mit Parolen zu bekämpfen. Dabei hilft ihnen die Parteichefin, indem sie weitestgehend unbeirrt bleibt. Ihre Argumentation ist dabei so einfach wie waghalsig. Wir schaffen es, weil wir es schaffen müssen."
Mitteldeutsche Zeitung: "Die Parteivorsitzende hielt eine furiose Rede. Ihr 'Wir schaffen das' stellte sie in die Tradition der Geschichte des Landes und der Partei, die den Wiederaufbau nach dem Krieg und die Wiedervereinigung bewältigt haben. Dem Vorwurf, es fehle ihr an Weitblick, setzte sie einen Appell zum Mut entgegen. Es war eine 'Mia-san-Mia'-Rede, die nicht das Verharren zum Wert an sich aufbaute, sondern die Bereitschaft, Veränderungen mitzugestalten. Angela Merkel hat das Selbstbewusstsein der CDU so definiert, dass sie für ihren Fortbestand den Verlockungen eines Rechtsrucks in Richtung AfD widerstehen kann."
Mittelbayerische Zeitung: "Die Kanzlerin stand lange für die Wahrung des Status Quo. Doch der ist uns abhanden gekommen. Nicht durch das Zutun Merkels ist die Welt über uns hereingebrochen, aber mit ihrem Zutun hat sie den unvermeidlichen Wandel, dessen Ausdruck die Flüchtlingskrise und dessen Name Globalisierung ist, auch zu einer deutschen Verantwortung gemacht. Dem setzt sie eine Vision entgegen. Solange sich niemand findet, der eine bessere hat und imstande ist, sie umzusetzen, ist sie die beste, die wir haben."
Flensburger Tageblatt: "Sigmar Gabriel kann austeilen und einstecken. Aber auch er ist nur ein Mensch, und beim gestrigen Abendbrot mag er sich gedacht haben: Wieso bekommt Angela Merkel ein DDR-Ergebnis, nachdem sie ihre Partei in beispielloser Weise herausgefordert hat und in der Flüchtlingsfrage einen ziemlich einsamen Weg beschritten hat, fernab der Gemütslage ihres Parteivolkes? Kanzler der Union zu sein bewirkt offenbar einen Machtbonus, der innerparteilich zur Unverwundbarkeit führt. Kanzler haben immer wieder gegen ihre eigene Partei anregiert, zuletzt Gerhard Schröder mit seiner Agenda 2010. Nun tut es Merkel mit ihrer offenherzigen Position gegenüber Flüchtlingen. Die SPD mag kampagnenfähiger sein, aber in der Kanzlerloyalität ist die Union unangefochtener Streber."
Volkstimme (Magdeburg): "Die Entscheidung vom August, Tausende Flüchtlinge aus Ungarn nach Österreich und Deutschland einreisen zu lassen, verteidigt CDU-Chefin Angela Merkel auf dem Parteitag als 'humanitärer Imperativ'. Ja – aber es war auch eine spontane Entscheidung mit schwerwiegenden, nicht bedachten Wirkungen. Deutschland ist offen – diese Botschaft verbreitet sich bis ins letzte türkische Flüchtlingslager und trieb Hunderttausende zum Aufbruch Richtung Europa. Deutschland hat schwer mit den Folgen zu kämpfen. Um diese beherrschbar zu halten, hat sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ordentlich ins Zeug gelegt und Merkel scharf Kontra gegeben. Obergrenzen für Flüchtlinge bekam er nicht, dafür bundesweite Aufmerksamkeit wie nie zuvor. In Karlsruhe wurde ein Burgfrieden geschlossen. Man braucht sich wieder. Bei der Landtagswahl im März will Haseloff im Amt bestätigt werden. Das will auch Merkel und hat ihn ihrer Unterstützung versichert.
Nürnberger Nachrichten: "Ihre Rede hat die Konflikte nur auf Eis gelegt, aber keinesfalls gelöst. Beifall auf einem Parteitag ersetzt keine Politik – das werden auch die von ihrer Chefin hingerissenen Delegierten relativ rasch merken. Und der Formelkompromiss im Leitantrag wird die tiefen Gräben zwischen dem 'Obergrenzen'-Flügel und den Merkel-Anhängern nur vorübergehend überbrücken können. Da wäre offener Streit ehrlicher und reinigender gewesen. Aber das hat die Volkspartei CDU (im Gegensatz zur Noch-Volkspartei SPD) noch nie gemocht: sich öffentlich zoffen um ein zentrales Thema. Eine vertane Chance."
Weser-Kurier: "Wer die Choreografie von CDU-Parteitagen kennt, kann nicht wirklich überrascht sein: Konflikte werden im Vorfeld entschärft, Anträge allgemein verträglich umformuliert, Rebellen wieder eingefangen. So war es vor einem Jahr in Köln mit der 'Steuerbremse', an die sich heute niemand mehr erinnert. Warum? Weil es am Ende eben doch kein präzises Datum, sondern nur eine großzügige Frist gab. Die Parteispitze hatte sich faktisch durchgesetzt. Ebenso wird man die "Obergrenze" zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vergessen: Sie ist vom Tisch. Parteichefin Merkel überwand ihre schwerste Krise triumphal. Wie eine Judoka nahm sie den Schwung der Angreifer mit, um diese dann zu Fall zu bringen. Der Leitantrag ist alles andere als ein Dokument blauäugiger Gutmenschelei: zügige Abschiebungen, sichere Herkunftsländer, Restriktionen beim Familiennachzug - Zugeständnisse, die leicht fallen, weil sie reiner Pragmatismus sind. Und dann hat sie die Konservativen auch noch bei der Ehre gepackt: mit der Erinnerung an den Leistungswillen dieses Landes. Bei Merkel steht das C vor allem für Cleverness – immer noch."
Der neue Tag (Weiden): "Was sie mit ihrer Rede beim Parteitag in Karlsruhe erkämpft hat, ist Rückendeckung und Zeit. In den nächsten Monaten muss die Kanzlerin hierzulande die Aufnahme organisieren und die Integration vorantreiben. Und Merkel muss die europäischen Partner in die Pflicht nehmen. Andernfalls dürfte es ihr beim nächsten CDU-Bundesparteitag ähnlich ergehen, wie ihrem Vizekanzler von der SPD bei seiner Bundesversammlung."
Badische Zeitung:" Fast einstimmig hat die CDU die Karlsruher Erklärung verabschiedet – und damit fürs erste in der Flüchtlingsfrage die Reihen geschlossen. Wer die Partei etwas kennt, hatte damit gerechnet. Die CDU hatte immer einen ausgeprägten Machtinstinkt. Dazu gehört, dass man die Hüter der Macht nicht demontiert. Oberste Gralshüterin war, ist und bleibt Angela Merkel. Schon deshalb war bei allerlei Spekulationen, die CDU-Vorsitzende könnte in Karlsruhe ein Debakel erleben, nicht selten der Wunsch der Vater des Gedankens."
Stuttgarter Nachrichten: "In der Sache ist Merkel keinen Fußbreit zurückgewichen. Sie setzt in der Flüchtlingspolitik weiter auf europäische Lösungen, lehnt nationale Alleingänge ab und findet Obergrenzen noch nicht einmal der Erwähnung wert. Der Rummel der Merkel-Kritiker? Ist zusammengefallen wie ein Kartenhaus, hat sich zufriedengegeben mit ein paar nichtssagenden Formeln, die nun als Erfolg verkauft werden. Das ist jämmerlich."
Straubinger Tagblatt: "Bundeskanzlerin Angela Merkel ist es gelungen, ihre CDU am Parteitag in Karlsruhe zu einen. Zur Wahl steht die Parteichefin zwar nicht, doch die Abstimmung über den Leitantrag zur Flüchtlingskrise war so etwas wie ein Votum über ihre Politik. Auch wenn es in den Wochen vor dem Delegiertentreffen noch möglich erschien, dass die CDU mit ihrer Vorsitzenden hadern und ihr für ihre Flüchtlingspolitik eine Abstimmungsklatsche verpassen könnte, steht die Partei nun wie eh und je hinter ihr."
Badische Neueste Nachrichten: "Das Bemühen war offensichtlich: Nichts sollte die Geschlossenheit infrage stellen, nichts Angela Merkel beschädigen, während gleichzeitig die SPD ihren Vorsitzenden demonstrativ abstraft und schwächt. Angela Merkel hat es wieder einmal geschafft und die Partei auf ihren Kurs gebracht, wie beim Atomausstieg, der Abschaffung der Wehrpflicht oder dem Mindestlohn."
La Repubblica (Italien): "Eine entscheidende und kämpferische Stunde lang hat Angela Merkel ihre Linie verteidigt. Und als sie das Rednerpult beim CDU-Kongress in Karlsruhe verlassen hat, haben zehn Minuten Standing Ovations ihren Sieg bestätigt. Die Falken, die eine harte Linie gegenüber Migranten und eine Obergrenze gefordert haben, haben eine Niederlage hinnehmen müssen, sie waren nur noch ein kleiner Teil in der großen Mehrheitsbewegung. (...) In ihrer Popularitätskrise, ausgelöst durch die Angst vor Millionen Migranten, hat Merkel verhandelt und gewonnen. Am Tag nach der Niederlage für Marine Le Pen verteidigt sie die Flüchtlinge und den europäischen Gedanken und schafft einen schönen Abschluss für ihr zehntes Jahr an der Macht."
Der Standard (Österreich): "Merkel ist auf dem Parteitag ein kleines Kunststück gelungen. Sie schaffte es, die Kritiker auf ihre Linie zu bringen. Obergrenzen wird es nicht geben, da bleibt sie hart. Aber es ist nun von einer 'Reduzierung' die Rede. Und sie hielt eine fulminante Rede – wahrscheinlich die wichtigste und wohl die beste in ihrer Amtszeit als CDU-Chefin. Merkel zeigte sich nicht nur leidenschaftlich und kämpferisch, sie brachte auch geschickte Vergleiche ein. Der Aufbau Deutschlands nach dem Krieg und das Warten auf die Wiedervereinigung hätten Jahrzehnte gedauert. Also könnte man doch nicht erwarten, die Flüchtlingskrise in vier Monaten zu lösen. Plötzlich, vor diesem historischen Horizont, sahen die Kritiker recht klein aus. Auf einmal war der Beifall für Merkel wieder fulminant. Sie geht gestärkt aus dem Parteitag – aber sie weiß auch: Man hat ihr nur eine Atempause verschafft."
Lidove noviny (Tschechien): "Gewöhnlich sind Parteitage in Deutschland sorgfältige inszenierte Veranstaltungen. Alle potenziellen Konflikte werden normalerweise im Vorfeld geglättet. Doch diesmal drohte wegen des Flüchtlingsthemas, dass (die CDU-Parteivorsitzende Angela) Merkel mit offenem Widerstand einer Reihe von Delegierten konfrontiert werden könnte. Deshalb ist sie den Gegnern einer offenen Flüchtlingspolitik kurz vor dem Treffen entgegengekommen und hat erstmals erklärt, dass die Flüchtlingszahlen reduziert werden sollen. Auf diesen Kurswechsel hatten vor allem die jüngeren Politiker der Partei und allen voran die Jugendorganisation Junge Union gedrängt."