Schlichtung im Streit um "Stuttgart 21" Projektgegner wollen öffentliche Verhandlungen

Stuttgart (RPO). Nach dem Willen der "Stuttgart 21"-Gegner sollen im Fall einer Schlichtung die Gespräche im Internet und im Fernsehen übertragen werden und nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden. Unterdessen macht die baden-württembergische SPD ihre Entscheidung für einen Koalitionspartner von einem Volksentscheid abhängig.

Der Stuttgarter Kopfbahnhof - Dokumentation eines Abrisses
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Der Grünen-Stadtrat und Landtagsabgeordnete Werner Wölfle sagte zum Thema öffentliche Verhandlungen: "Ich gehe davon aus, dass dies auch im Interesse der Landesregierung und der Bahn ist. Es geht ja um eine Sachvermittlung für die Bevölkerung." Deshalb müsse die Essenz der Gespräche öffentlich sein.

Anders als bei Tarifverhandlungen gehe es nicht um einen Schlichterspruch mit einem Komma hinter der Zahl, sondern darum, wie es gelinge, seriös und einvernehmlich die Fakten darzustellen und diese zu bewerten, sagte Wölfle weiter. Der Vermittler im Streit um "Stuttgart 21", Heiner Geißler, und die Gegner des Projekts wollten am Donnerstagabend zu einem weiteren Sondierungsgespräch zusammenkommen.

Termin für Treffen noch unklar

Ob das von Geißler angestrebte Vermittlungsgespräch am Freitagvormittag schon stattfinde, hinge davon ab, mit welchen Informationen er von den Gesprächen mit den Gegnern zurückkomme, sagte Wölfle. Geißler hatte am Mittwoch seine Gespräche schon mit den Projektbefürwortern abgeschlossen.

Die Gegner des Projekts fordern einen vollständigen Bau- und Vergabestopp, um überhaupt an einem Gespräch mit der Befürworterseite teilzunehmen. Landesregierung und Bahn lehnen dies jedoch weiterhin ab. Bei "Stuttgart 21" soll der Hauptbahnhof der Landeshauptstadt für 4,1 Milliarden Euro von einem Kopf- in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden.

Südwest-SPD macht Koalitionspartner von Volksentscheid abhängig

Die baden-württembergische SPD will ihre Entscheidung für einen Koalitionspartner von einem Volksentscheid über "Stuttgart 21" abhängig machen. "Wir machen Koalitionsaussagen nicht in Abhängigkeiten von Parteien, sondern in Abhängigkeit von Inhalten", sagte Parteichef Nils Schmid am Donnerstag in Stuttgart. Wenn bis zu der Landtagswahl am 27. März 2011 ein Volksentscheid über das umstrittene Bahnprojekt noch nicht stattgefunden habe, müsse dies nach der Wahl sichergestellt werden. "Wer mit uns regieren will, muss sich für diesen Weg bekennen", sagte Schmid. Da erwarte er auch von den Grünen noch ein klares Wort.

Generalsekretär Peter Friedrich hatte der "Süddeutschen Zeitung" gesagt, als Juniorpartner für eine große Koalition mit der CDU von Ministerpräsident Stefan Mappus stehe seine Partei nicht zur Verfügung. Wohl sei sie aber bereit, nach der Wahl als Juniorpartner eine Koalition mit den Grünen zu bilden.

Auf dem Landesparteitag am Samstag in Ulm will sich Nils Schmid zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahlkampf wählen lassen. Vor allem an der Parteibasis hatte es Kritik an der Parteispitze für das Festhalten an "Stuttgart 21" gegeben. Für den Parteitag gibt Anträge für einen Stopp des Projektes.

Befürworter demonstrieren für das Projekt

Mit einem Lauf durch den Stuttgarter Schlosspark und einer anschließenden Kundgebung am Marktplatz haben am Donnerstag mehrere tausend Menschen für das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" demonstriert. Polizei und Organisatoren berichteten übereinstimmend von 5.000 Teilnehmern. Die Demonstration verlief ohne Zwischenfälle. Unter dem Motto "Zeit zu reden" plädierten mehrere Redner vor dem Stuttgarter Rathaus unter anderem für einen Dialog mit den Gegnern des Projekts. Darunter befanden sich auch der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Rainer Wieland (CDU), der Grünen-Politiker Stefan Faiß und der Präsident des Württembergischen Leichtathletikverbands, Jürgen Scholz.

Ursprünglich hatte ein Gruppe der Befürworter geplant, im Anschluss an die Demonstration zum Bauzaun am Nordflügel des Hauptbahnhofs zu ziehen. "Uns geht es darum, auch am Ort des Geschehens Präsenz zu zeigen", sagte der Initiator der Aktion, Matthias Kauffmann zuvor. Dort hingen nur Plakate von Gegnern des Projekts, dies sei eine "verzerrte Darstellung der öffentlichen Meinung", sagte Kauffmann weiter und verwies auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS, wonach 46 Prozent der Baden-Württemberger das Projekt unterstützten und 43 Prozent es ablehnten. Unklar blieb zunächst, ob es zu der geplanten Aktion kommen würde, da sich am Bauzaun nach Angaben der Organisatoren auch eine Gruppe von Projektgegnern versammelt hatte und die Polizei Bedenken erhob. "Wir wollen nicht provozieren", versicherte Kauderer.

(apd/felt)
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