Berlin Viel mehr Atommüll als erwartet

Berlin · Deutschland muss doppelt so viel radioaktives Material entsorgen wie angenommen. Auch die Zahl maroder Atommüllfässer ist höher als gedacht.

Atomkraftwerke in Deutschland
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Foto: AP

Deutschland produziert deutlich mehr Atommüll als bislang angenommen und wird daher auch erheblich mehr radioaktives Material entsorgen müssen. Das geht aus dem Entwurf des nationalen Entsorgungsplans hervor, der zurzeit zwischen Bund und Ländern abgestimmt wird und gestern bekannt wurde. Demnach könnte sich die Menge des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls auf 600 000 Kubikmeter verdoppeln. Der für diese Abfälle als Endlager vorgesehene Schacht Konrad im niedersächsischen Salzgitter ist aber nur für die Hälfte dieser Menge genehmigt.

Da die Zahl tatsächlich doppelt so hoch ist, dürfte nun ein zweites Endlager in Deutschland nötig werden. Auch die Erweiterung von Schacht Konrad, der 2022 in Betrieb gehen soll, steht zur Debatte. Zudem wollen Bund und Länder bis 2031 ein besonders umstrittenes Endlager für den hoch radioaktiven Atommüll finden. Gesucht wird überall in Deutschland.

Hauptgrund für das starke Anwachsen des Atommülls sind 200 000 Kubikmeter, die aus dem maroden früheren Salzbergwerk Asse bei Wolfenbüttel geborgen und neu untergebracht werden sollen. Zudem rechnet der Bund erstmals auch 100 000 Kubikmeter aus der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau mit ein, die bislang als "Wertstoffe" eingestuft wurden, aus denen sich noch Kernbrennstoffe fertigen ließen.

"Es ist immer zu begrüßen, wenn die Bundesregierung die Fakten auf den Tisch legt und das tatsächliche Volumen an unterzubringendem Atommüll benennt", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Zur Endlagersuche für hochradioaktive Stoffe sagte er: "Das Endlagersuchgesetz beinhaltet eine ergebnisoffene Suche nach dem am besten geeigneten Standort." Sie solle streng nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen. "Bedingung dafür ist eine sogenannte weiße Landkarte. Das heißt, keine Region, kein Land wird ausgenommen. Das gilt natürlich auch für Baden-Württemberg."

"Die Verantwortung für den Atommüll müssen die Konzerne tragen, die auch den Nutzen aus der Urananreicherung hatten", forderte Grünen-Chefin Simone Peter. "Wir treten dafür ein, dass die Urananreicherung in Gronau ganz beendet wird, um nicht noch mehr Atommüll zu produzieren."

Zudem lagern deutlich mehr beschädigte Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll als angenommen in deutschen Zwischenlagern, etwa in Karlsruhe. Von den bundesweit rund 85 000 Behältern seien fast 2000 verrostet oder beschädigt, berichtete das NDR-Magazin "Panorama 3".

(mar)
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