Reaktionen auf Tod des Altkanzlers Wir sollten Helmut Kohl in Frieden ruhen lassen

Meinung | Düsselorf · Weltweit gedenken Staatschefs, ehemalige Weggefährten und politische Gegner mit Lob und Respekt des verstorbenen Helmut Kohl. Manch einer hat aber auch nach dem Tod des "Kanzlers der Einheit" nur Verachtung für den Pfälzer übrig. Das ist nicht nur schade, sondern auch kleinlich und piefig. Ein Kommentar.

Reaktionen auf den Tod Helmut Kohls
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Foto: ap

"Dem Toten versag deine Liebe nicht", heißt es im Buch Jesus Sirach, Kapitel 7. Bei manch einer Reaktion auf den Tod Helmut Kohls würde man sich schon über Respekt freuen. Die linksliberale "tageszeitung" und ihre Titelseite "Blühende Landschaften" mit einem Foto von Trauergestecken überschritt jede Grenze. Sie war peinlich und geschmacklos. Gut, dass sich der Chefredakteur entschuldigt hat. Und doch hat die Zeitung nur den Stimmen im Land ein Symbol gegeben, die im Internet gegen die Lobpreisungen lästern und sich eher eine Hand abhacken würden, als ein freundliches Wort über Helmut Kohl zu formulieren.

Ist das wirklich so schwer? Man muss das Wirken Helmut Kohls nicht verklären. Der Mensch Helmut Kohl bleibt ein Mann mit dunklen Schatten. Wieso versöhnte er sich Zeit seines Lebens mit politischen (Helmut Schmidt) und medialen Widersachern (Rudolf Augstein), aber nicht mit seinen eigenen Söhnen? Woher stammte bei Kohl die unerbittliche Härte gegen jene, die nicht seiner Meinung waren? Die Weizsäckers, Schäubles, Geißlers & Co? Aber was wissen wir wirklich über die Hintergründe?

Was wir kennen, ist Kohls Rolle bei der Wiedererlangung der deutschen Souveränität in der Welt und der Einheit Deutschland. Wolfgang Schäuble, wahrlich kein Kohl-Groupie, brachte es dieser Tage auf den Punkt: Unser Land ist gut mit Kohl gefahren. Seine Politik war "maßvoll, integrierend, vertrauenswürdig". Gerade und vor allem die Außenpolitik. Weil an der Spitze dieses Nazi-Nachfolge-Staats ein Mann mit schnurgerader Friedenssehnsucht und schlichter Menschenfreude stand, versöhnten sich die Staatschefs der früheren Feinde endgültig mit Deutschland und ließen die Einheit zu.

US-Präsident George Bush sagte, als er den 10-Punkte-Plan von Kohl kommentieren sollte, den er damals noch nicht kannte. "Vertrauen wir dem Bundeskanzler." Mitterand, Gorbatschow, Thatcher stützten die Wiedervereinigung. Viele Deutsche haben das vermeintlich Spießige, das Biedere an der Kohlschen Politik gehasst. Heute wissen wir, dass die Welt dies als Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit wahrgenommen hat.

Was in den 80er und 90er Jahren an Hasskommentare in den Feuilletons, in den politischen Salons und Hörsälen der Republik über Helmut Kohl ausgeschüttet wurde, hätte selbst Facebook löschen müssen, wenn es das soziale Netzwerk damals schon gegeben hätte. Nun sollten wir die alles überragende Leistung, die Millionen Deutsche jeden Tag wie selbstverständlich spüren, ein Leben in Freiheit in einem vereinten Deutschland, würdigen. Und Helmut Kohl in Frieden ruhen lassen.

(brö)
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