Deutschland und die Türkei Erste Anzeichen von Entspannung

Ankara/Berlin · Im deutsch-türkischen Verhältnis gibt es erste Zeichen von Entspannung. Die Partei Erdogans plant keine weiteren Reden türkischer Politiker in Deutschland. Die Attacken auf die EU halten jedoch an.

 Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Erdogan am 31.07.2016 in Köln. Besuche türkischer Politiker vor dem Referendum sind in diesem Jahr nicht geplant.

Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Erdogan am 31.07.2016 in Köln. Besuche türkischer Politiker vor dem Referendum sind in diesem Jahr nicht geplant.

Foto: dpa, koe tba kno jai

Die Regierungspartei AKP des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verzichtet in Deutschland auf weitere Wahlkampfauftritte zum geplanten Verfassungsreferendum am 16. April. Sie ließ über die ihr nahestehende Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) mitteilen, dass künftig keine Veranstaltungen in Deutschland mit türkischen Ministern oder anderen Politikern geplant seien. Die UETD hat bislang die umstrittenen Auftritte von Mitgliedern aus Erdogans Kabinett organisiert.

Der Verzicht gilt ausdrücklich nicht für Erdogan selbst. Zugleich hat der Staatschef der Türkei seine Angriffe auf Deutschland und die EU erneuert. "Dieses Europa ist das Europa vor dem Zweiten Weltkrieg, ein rassistisches, faschistisches und grausames Europa", sagte er bei einem Wahlkampfauftritt in der Türkei, bei dem er für das Referendum warb, das dem Präsidenten umfangreiche Machtbefugnisse gewährt.

"Nazi-Methoden"

Als Folge der untersagten Auftritte türkischer Politiker sind die Beziehungen zu Deutschland äußerst gespannt. Dazu trugen auch die anhaltenden Vorwürfe Erdogans und anderer Politiker bei, Merkel und deutsche Behörden würden mit ihrem Vorgehen Nazi-Methoden anwenden. Noch in dieser Woche hatte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einer Verbalnote darauf hingewiesen, dass die Nazi-Vergleiche Erdogans gegen deutsches Recht verstießen.

Die Ankündigung, auf Wahlkampfauftritte zu verzichten, ist in Berlin mit Erleichterung aufgenommen worden. "Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich das für ein Zeichen der Vernunft", sagte der SPD-Vorsitzende Martin Schulz. Fraktionschef Thomas Oppermann zeigte sich erleichtert, dass die Türkei jetzt davon absehe, ihre Minister nach Deutschland zu schicken.

Aus welchem Grund die Türken die geplanten Veranstaltungen absagten, blieb gestern offen. Es könnte die Einschätzung gewesen sein, dass nach dieser Eskalation die meisten Veranstaltungen ohnehin abgesagt worden wären. Zudem ist die Türkei für das Referendum auf die Zusammenarbeit mit deutschen Behörden angewiesen. Nur mit deutscher Unterstützung werden die 1,4 Millionen türkischen Wahlberechtigten in Deutschland ihre Stimme abgeben können.

Debatte um Visa-Erleichterungen

Der Chef der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), sieht darüber hinaus auch eine Abhängigkeit der Türken von einem guten Verhältnis zu Europa. "Wir haben in Europa eine Reihe von Themen auf dem Tisch, an denen der Türkei gelegen ist", sagte Weber unserer Redaktion und nannte Visa-Erleichterungen, finanzielle Unterstützungen und die Zollunion. "Erdogan muss wissen, dass er uns mehr braucht, als wir ihn brauchen", sagte Weber.

Er verwies darauf, dass die Türkei zur Europäischen Union eine Exportquote von 44 Prozent habe: "Erdogan fügt vor allem sich und seinem Land Schaden zu mit diesem Kurs." Weber plädierte für einen "Neustart" im türkisch-europäischen Verhältnis: "Wir müssen endlich dazu stehen, dass es eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU nie geben wird. Wir müssen weg von dieser verlogenen Debatte von Rot-Grün." Sie habe dem Verhältnis zwischen EU und Türkei mehr geschadet als genutzt.

(RP)
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