Umstrittene Hartz-IV-Studie Reichen 132 Euro im Monat zum Leben?

Düsseldorf · Eine Studie sorgt für wütende Proteste bei Hartz-IV-Empfängern und Wohlfahrtsverbänden: Zwei Wissenschaftler der TU Chemnitz haben berechnet, dass Empfänger von Sozialleistungen theoretisch von 132 Euro im Monat leben könnten. Was ist dran an der umstrittenen Studie?

Die Ergebnisse der Hartz-IV-Studie im Detail
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Foto: ddp

Friedrich Thießen, Professor an der TU Chemnitz und Autor der Studie, scheint ein wenig geschockt über den Wirbel, den seine Veröffentlichung ausgelöst hat. Er hat der Zusammenfassung seiner Studie eine Präambel vorausgestellt, in der er betont, er habe nicht gefordert, der Hartz-IV-Regelsatz müsse gekürzt werden.

Dennoch: Eins der Ergebniss der Studie lautet "Die Hartz-IV-Gelder sind nicht zu niedrig, sondern eher zu hoch". In der Untersuchung geht es darum, wieviel Geld Hartz-IV-Empfängern zustünde, wenn sich die Höhe des Satzes strikt an den Gesetzen orientierte. Dabei haben die Autoren der Studie zwei verschiedene Berechnungsmethoden gewählt. Einmal wählen sie eine sehr strenge Auslegung der gesetzlichen Regelungen (Minimumsfall), einmal eine eher großzügigere (Maximumsfall).

Bei einer engen Interpretation der Gesetze, so die Wissenschaftler, wären zum Beispiel Tabak und Alkohol für Hartz-IV-Empfänger tabu, weil sie eine gesundheitsschädliche Wirkung haben und weil von "Hilfe zur Selbsthilfe", wie sie der Gesetzgeber für Bedürftige fordert, hier nicht die Rede sein könne.

Ein Euro pro Monat für Freizeit und Kultur

Bei Kleidung halten die Autoren der Studie bestimmte Kleidungsstücke (Bademantel, Bademütze, Anzug) und einen Regenschirm für verzichtbar. Besteck, so die Wissenschaftler, bräuchten Bedürftige den Gesetzen nach streng genommen nur in einfacher Ausführung, auch wenn dann keine Gäste bewirtet werden könnten. Für Freizeit, Unterhaltung und Kultur ist nur ein Euro pro Monat eingeplant.

Die etwas großzügigere Auslegung der Gesetze sieht vor, dass Hartz-IV-Empfänger auch die Möglichkeit erhalten sollen, am kulturellen Leben teilzunehmen. Deshalb liegt der Satz für Freizeit, Unterhaltung und Kultur hier deutlich höher (bei 14 Euro) und Hartz-IV-Empfänger hätten zum Beispiel auch Anspruch auf mehr als einen Satz Geschirr, damit sie Besucher zum Essen einladen können.

Bei beiden Berechnungsarten, also auch beim Maximumsfall, liegt der Satz, den Bedürftige bekommen würden, unter dem heutigen Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger. Trotzdem, so ein Fazit der Studie, wird das soziale System häufig nicht als gerecht empfunden. Der Grund: Den Beziehern von Sozialleistungen werde zwar verhältnismäßig viel Geld gezahlt, doch trotzdem fehlten ihnen Arbeit und Anerkennung.

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