Kommentar zu Prozessbeginn Respekt für den Kämpfer Wulff

Als Angeklagter hätte Christian Wulff gestern im Gerichtssaal schweigen dürfen. Dass er es vorzog, zu reden und dabei das Kreuz durchzudrücken, verlieh ihm plötzlich eine mannhaft-menschliche Würde, an der es in der teilweise piefigen Endphase seiner Präsidentschaft leider gefehlt hat.

Es gibt Jäger von einst, die nun meinen, das Halali sei längst geblasen, man sollte es gut seinlassen mit dem politisch und privat genug bestraften armen Mann. Auch diesen publizistisch-politischen Waidmännern präsentierte sich der wegen Vorteilsannahme Angeklagte nicht wie ein zur Strecke Gebrachter; vielmehr wie jemand, der zwar gefallen ist, aber beschlossen hat, wieder aufzustehen. Das ist gut so.

Und da Freiheit bekanntlich auch das Recht ist, den Leuten zu sagen, was sie nicht hören wollen, möchte man Wulff fast dazu gratulieren, wie selbstbewusst er den Vertretern der Staatsanwaltschaft in ihrem bis auf einen Anklagerest zerbröselten Verfolgungseifer die Stirn bot. Der Bundespräsident Wulff ist Geschichte; auch das ist gut so, denn er füllte den Goldrahmen des höchsten Staatsamtes in Wahrheit nicht aus. Aber der Kämpfer Wulff, der gestern sicht- und hörbar wurde, der verdient Respekt.

(RP)
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