Analyse der Forschungsgruppe Wahlen Saarland: Kein Vertrauen in Kompetenz der CDU

Mannheim (RP). Bei der Landtagswahl im kleinsten Flächenland der Republik muss die CDU massiv Federn lassen und verliert die absolute Mehrheit im saarländischen Landtag. Laut der Analyse der Forschungsgruppe Wahlen gaben landesspezifische Motive den Ausschlag. Dass die Linke so gut abschneidet, hängt stark mit der Persönlichkeit von Spitzenkandidat Oskar Lafontaine zusammen. Die Analyse.

Die SPD hat nach 2004 nochmals Verluste, die Linke wird drittstärkste Partei bei zweistelligen Gewinnen, die FDP legt deutlich zu und die Grünen bleiben fast unverändert. Damit sind erstmals fünf Parteien im Landtag an der Saar vertreten und nach den zuvor klaren Mehrheitsverhältnissen gibt es jetzt verschiedene Regierungsoptionen. Auch wenn das endgültige Ergebnis in Saarbrücken noch nicht feststeht, lassen sich bereits wesentliche Gründe der Wahlentscheidung festhalten:

Bei dieser Wahl gaben landesspezifische Motive den Ausschlag. Die Verluste der CDU sind vor allem auf eine erheblich gesunkene Zufriedenheit mit der Landesregierung und dem Ministerpräsidenten zurückzuführen. Erzielte die Landesregierung vor fünf Jahren noch einen Wert von 1,3 auf der +5/-5-Skala, so kommt sie aktuell nur noch auf 0,4 und wird damit etwas schlechter bewertet als die SPD (0,5) in der Opposition, die sich damit umgekehrt deutlich verbessern konnte (2004: 0,0). Die Linke wird von den Saarländern mit minus 1,2 klar im negativen Bereich verortet.

Noch stärker als bei der Regierung hat aber das Ansehen des Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) nachgelassen: Nur noch 58 Prozent bescheinigen dem Regierungschef eine gute Arbeit. Vor fünf Jahren lag die Zustimmung noch bei 75 Prozent mit einer positiven Bewertung in allen politischen Lagern. Auf der +5/-5-Skala erzielt er nun nur noch einen Imagewert von 0,9 (2004 waren es 2,1) und wird damit schlechter bewertet als der SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas, der auf 1,1 kommt (2004: 0,9). Der langjährige frühere Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Linke) polarisiert stark: während er bei allen Befragten auf einen negativen Imagewert von minus 0,8 (2004: -0,7) kommt, erzielt er bei den eigenen Anhängern aber einen sehr positiven Wert von 3,3.

Ganz anders als vor fünf Jahren, als Müller seinen Herausforderer von der SPD in der Frage des gewünschten Ministerpräsidenten noch mit einem Vorsprung von 27 Prozentpunkten klar auf Abstand hielt, sprechen sich jetzt mit 43 Prozent genauso viele für den Amtsinhaber wie für Maas aus (43 Prozent). Stünden Müller und Lafontaine als Ministerpräsident zur Wahl, so würden sich 58 Prozent für Müller und 31 Prozent für Lafontaine entscheiden.

Der außerordentliche Erfolg der Linken beruht zum größten Teil auf der Persönlichkeit ihres Spitzenkandidaten. So ist für 59 Prozent der Anhänger der Linken Spitzenkandidat Oskar Lafontaine für ihre Wahlentscheidung wichtiger und nur für 38 Prozent die Politik der Partei; unter allen Befragten vertreten diese Meinung sogar 77 Prozent.

Auch bei den Problemlösungskompetenzen hat die CDU an Vertrauen verloren. In den Bereichen Arbeit und Wirtschaft sieht zwar weiterhin eine relative Mehrheit die höchste Kompetenz bei der CDU: Bei Arbeitsmarktfragen halten 30 Prozent die CDU für kompetenter und 23 Prozent die SPD, bei wirtschaftspolitischen Fragen sehen 31 Prozent die CDU und 19 Prozent die SPD vorn. Doch in schul- und bildungspolitischen Fragen wird jetzt der SPD mehr zugetraut (33 Prozent) als der CDU (26 Prozent). Die Linke bleibt in allen Fragen blass, FDP und Grüne spielen so gut wie keine Rolle.

Die CDU erzielt nur noch bei Wählern ab 60 Jahren (45 Prozent) über 40 Prozent, in allen anderen Altersgruppen bleibt sie deutlich darunter und kommt nur noch auf Werte um 30 Prozent. Die SPD erreicht dagegen in allen Altersgruppen ähnliche Ergebnisse, ihre größten Verluste verzeichnet sie bei den Wählern über 60 Jahren. Die Linke wird in allen Altersgruppen drittstärkste Kraft, am erfolgreichsten ist sie bei den 45- bis 59-Jährigen mit 22 Prozent. Die FDP ist in allen Altersgruppen ähnlich erfolgreich.

Dagegen schneiden die Grünen bei den jüngsten Wählern mit zwölf Prozent fast doppelt so gut wie in der Gesamtheit ab, bei den über 60-Jährigen erzielen sie nur drei Prozent.

Die Linke wird insbesondere von den Männern gewählt, bei denen sie auf 22 Prozent kommt, bei den Frauen sind es 16 Prozent. Außerdem punktet sie bei den Arbeitern und wird mit 29 Prozent hier stärker als die CDU (27 Prozent) und fast ebenso stark wie die SPD (30 Prozent).

Ähnlich wie die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ist das Saarland kein echter Gradmesser für die Bundestagswahl. Erstens haben die starken CDU-Verluste ihre Ursache primär im Land selbst, wo die Christdemokraten genau wie in Thüringen nach zehn Jahren absoluter Mehrheit erhebliche Abnutzungserscheinungen zeigen. Zweitens unterscheidet sich das sozialkonservativ geprägte Saarland mit seinem überdurchschnittlichen Katholiken-, aber auch Arbeiteranteil und wenigen Großstädten strukturell von der nationalen Ebene. Und drittens herrscht bei dieser Landtagswahl, die wie jede Wahl mit eigenen Themen und Personen einen ganz eigenen Charakter hat, mit dem Comeback-Versuch Oskar Lafontaines in seiner Heimat eine höchst spezifische Ausgangslage, die sich so nicht auf den Bund übertragen lässt.

Die Zahlen basieren auf einer telefonischen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter rund 1.202 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten im Saarland in der Woche vor der Wahl sowie auf einer Befragung von 6.428 Wählern am Wahltag.

(fb)
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