Landtagswahl in Sachsen Stanislaw Tillich hat nun zwei Optionen

Nach der Wahl in Sachsen schütteln sich die Parteien: Die CDU muss ihr bisher schlechtestes Ergebnis verkaufen, SPD, Grüne und Linke bleiben dennoch chancenlos. Die AfD übertrifft die eigenen Erwartungen, die FDP ist mit den Nerven am Ende. Ministerpräsident Tillich hat nun zwei Optionen für die Zukunft. Viel hängt an der NPD.

Das ist Stanislaw Tillich
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Schlechtestes Wahlergebnis und trotzdem haushoch gewonnen: Die seit der Wende in Sachsen regierende CDU bleibt nach der Landtagswahl vom Sonntag an der Macht, Ministerpräsident Stanislaw Tillich muss sich aber nach einem Debakel der FDP einen neuen Partner suchen. Die Liberalen flogen nach Hochrechnungen von ARD und ZDF wie schon bei der Bundestagswahl 2013 aus der Regierung und aus dem Parlament. Dafür zog die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) erstmals in einen Landtag ein. Ungewiss war am Abend, ob sich die rechtsextreme NPD dort halten kann.

Die Linke wurde erneut zweistärkste Kraft, auch die Grünen zogen wieder in den Landtag ein. Als wahrscheinlichste Koalition nach der Abwahl von Schwarz-Gelb gilt in Dresden nun ein Bündnis von CDU und SPD, was auch die große Koalition von Kanzlerin Angela Merkel stärken würde. Tillich könnte aber auch mit der AfD regieren, bei einem Scheitern der NPD an der Fünf-Prozent-Hürde sogar mit den Grünen.

Die CDU kommt in den Hochrechnungen auf 39,5 bis 39,8 Prozent. Ihr bisheriger Partner FDP erreicht 3,7 bis 4,1 Prozent - damit ist die letzte schwarz-gelbe Regierung auf Landesebene Geschichte. Die Linke liegt bei 18,3 bis 18,8 Prozent. Die SPD liegt bei 12,3 bis 12,4 Prozent, die AfD bei 9,9 bis 10,2 Prozent. Die Grünen erreichen 5,4 bis 5,8 Prozent, die NPD bekommt 4,9 bis 5,0 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei schlechten 48,5 Prozent.

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Danach kann die CDU 58 bis 60 Abgeordnete ins Parlament entsenden.
Die Linke bekommt 26 bis 27 Sitze, die SPD 17 bis 18 und die AfD 14 bis 15. Auf die Grünen entfallen 8 Mandate, auf die NPD 0 oder 7.

Obwohl die CDU damit ihr schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen in Sachsen erzielte, kann der im Mai 2008 ins Amt gekommene und im Land beliebte Tillich erneut die Regierung bilden. "39 Prozent oder noch ein Stückchen mehr ist ein Superergebnis", sagte er und verwies darauf, dass die CDU rund 20 Prozentpunkte vorne liege. Nach dem Scheitern der FDP hoffen nun vor allem die Sozialdemokraten mit Spitzenkandidat Martin Dulig, Juniorpartner zu werden. CDU und SPD hatten Sachsen schon von 2004 bis 2009 zusammen regiert. Die SPD verbesserte sich entgegen den Erwartungen aus den Umfragen nur leicht. In Berlin sprach SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi von einem "bittersüßen Ergebnis" für ihre Partei.

Eine Mehrheit hätte auch eine Koalition aus CDU und AfD, die Tillich nicht generell ausgeschlossen hat. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer betonte aber in Berlin: "Wir wollen keine Koalition mit der AfD." Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte den Regierungschef auf, keine Regierung mit der AfD zu bilden: "Das fände ich einen schlimmen Vorgang, mit einer rechtspopulistischen Partei zu koalieren." Tillich legte sich aber auch am Wahlabend nicht auf die SPD fest. Er habe jetzt die Wahlmöglichkeit, die er sich immer gewünscht habe.

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Eine Koalition aus CDU und SPD ist nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen die Konstellation, die die meisten Bürger in Sachsen bevorzugen. 55 Prozent fänden ein solches Bündnis gut. Ein Zusammengehen der CDU mit der AfD würden nur 17 Prozent begrüßen.

Die AfD, die in Sachsen ihre Hochburg hat, schnitt ähnlich stark ab wie zuvor bei der Europawahl, wo sie im Land 10,1 Prozent holte. Der AfD-Bundesvorsitzende Bernd Lucke wertete den Einzug in das erste Landesparlament als Beleg dafür, dass die AfD endgültig in der deutschen Parteienlandschaft angekommen sei. Spitzenkandidatin Frauke Petry hofft auf Gespräche mit der CDU: "Wir sind gespannt, ob Herr Tillich auf unsere Themen eingehen wird."

Die FDP vermied zwar ein Desaster wie 1999, als sie in Sachsen mit 1,1 Prozent das bundesweit schlechtestes Landtagswahlergebnis einfuhr. Sie setzte aber die Serie schwerer Niederlagen fort und ist jetzt nur noch in 8 der 16 Landtage vertreten. Der Abgrenzungskurs gegenüber der Bundespartei zeigte keine Wirkung. Spitzenkandidat Holger Zastrow reagierte enttäuscht: "Ich glaube, wir haben alle Register, die man ziehen kann, auch gezogen. Und es hat trotzdem nicht gereicht."

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Die von ihrem Landesvorsitzenden Rico Gebhardt in die Wahl geführte Linke wurde wie schon seit 1999 zweitstärkste Kraft. Ihr fehlen aber - anders als möglicherweise in zwei Wochen in Thüringen - die Mehrheiten, um eine Regierung zu bilden. Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping forderte SPD und Grüne auf, sich in künftigen Wahlkämpfen klarer zu positionieren. "Man muss etwas tun für eine Wechselstimmung."

Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir war trotz der leichten Verluste seiner Partei zufrieden und sprach von einem "wichtigen Signal": "Wir sind eine gesamtdeutsche Partei. Wir wollen in allen Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland vertreten sein."

Zur Wahl aufgerufen waren 3,4 Millionen Bürger. Um die regulär 120 Mandate im Landtag in Dresden bewarben sich 636 Kandidaten. Die CDU hatte schon die Wahl 2009 mit 40,2 Prozent klar gewonnen. Dahinter folgten die Linke mit 20,6 Prozent, die SPD (10,4) die FDP (10,0), die Grünen (6,4) und die NPD (5,6). Die Wahlbeteiligung lag 2009 bei 52,2 Prozent.

Die Ergebnisse aus Sachsen im Überblick

(dpa)
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