Finanzkrise Schäuble geißelt Rückkehr der Raffgier

Berlin (RPO). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht trotz Finanzkrise die Raffgier im Bankensektor wieder auf dem Vormarsch. Die Finanzkrise werde die Welt so stark verändern, wie zuletzt der Fall der Berliner Mauer, ist der Finanzminister überzeugt.

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Foto: ddp

Schäuble sagte der "Bild am Sonntag": "Nicht alle haben begriffen, was da schiefgelaufen ist und dass man so nicht weitermachen kann. Da haben viele den Unterschied zwischen einem gesunden Egoismus und Gier nicht verstanden. Diese Raffgier zerstört alles, und mich stimmt sehr nachdenklich, dass sie schon wieder um sich greift." Der CDU-Politiker fügte hinzu: "Für Banker oder Manager, die rumjammern, weil sie nur vier statt fünf Millionen Euro verdienen, fehlt mir jegliches Verständnis."

Zugleich ermahnte Schäuble die Eliten zu Zurückhaltung: "Die Erfolgreichen haben auch eine besondere Verantwortung den Nicht-so-Erfolgreichen gegenüber: Sie müssen vermitteln, dass dieses System fair und gerecht ist. Und dafür braucht es ein gewisses Maß an Zurückhaltung. Damit unsere Gesellschaft zusammenhält, müssen "die da oben" auch Verständnis für "die da unten" haben. Das Gefühl, dass es in der Welt gerecht zugeht, darf nicht immer schwächer werden."

Zum Einwand, dass die Banken mit den höchsten Bonuszahlungen die geringsten Probleme hätten, weil sie die besten Leute beschäftigten, sagte Schäuble: "Das ist objektiv richtig, und das ist auch bei Zeitungen oder Sportvereinen nicht anders. Wer Erfolg hat, kann seine Leute gut bezahlen und umgekehrt. Das ist das Prinzip unseres marktwirtschaftlichen Systems."

Finanzkrise so wichtig wie der Fall der Mauer

"Die Finanzkrise wird die Welt so stark verändern wie der Fall der Mauer. Die Gewichte zwischen Amerika, Asien und Europa verschieben sich dramatisch. Und diese Entwicklung ist längst nicht zu Ende", führte Schäuble weiter aus.

Schäuble forderte die Banken zur Annahme der staatlichen Hilfsangebote auf. "Die Wirtschaft springt gerade wieder an. Da müssen wir dafür sorgen, dass den Unternehmen ausreichend Kredite zur Verfügung gestellt werden können. Dafür brauchen die Banken mehr Eigenkapital - und da sind wir in Deutschland im internationalen Vergleich hintendran. Dafür bietet der Bankenrettungsfonds Hilfen."

Zur Begründung seines Appels an die Kreditinstitute, Hilfen anzunehmen, sagte der CDU-Politiker: "Die Finanzkrise wird die Welt so stark verändern wie der Fall der Mauer. Die Gewichte zwischen Amerika, Asien und Europa verschieben sich dramatisch. Und diese Entwicklung ist längst nicht zu Ende."

GM soll Klarheit schaffen

Angesichts des unmittelbar bevorstehenden Opel-Gipfels in Brüssel appellierte Schäublean den Mutterkonzern General Motors (GM), seine Sanierungspläne vorzulegen. Der Konzern müsse nun Klarheit schaffen, wie er seiner unternehmerischen Verantwortung gerecht werden wolle, sagte er in dem Interview weiter. Aus Detroit sei in diesen Tagen zu hören, GM brauche kein Staatsgeld für Opel. "Da sage ich nur: Umso besser!"

Schäuble hob die Verantwortung des US-Konzerns für die Beschäftigten, für die betroffenen Regionen und für das ganze Land hervor. Da seien noch viele Fragen offen. "Fest steht: Unternehmen sind keine Veranstaltungen zur kurzfristigen Gewinnmaximierung", sagte Schäuble dem Blatt. In Brüssel werden am Montag Vertreter der EU-Staaten über die Zukunft der europäischen Opel-Standorte beraten. Berichten zufolge haben einige Länder als Gegenleistung zur Arbeitsplatzerhaltung bereits staatliche Hilfen in Aussicht bestellt.

Warnung vor Veto gegen Wachstumsprogramm

In Richtung der schleswig-holsteinischen Landesregierung warnte er, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung im Bundesrat scheitern zu lassen. "In Schleswig-Holstein regieren CDU und FDP. Beide haben auch dem Koalitionsvertrag im Bund, der diese Steuerentlastung vorsieht, mit breiten Mehrheiten zugestimmt. Und man kann nicht einen Vertrag, dem man noch vor drei Wochen zugestimmt hat, heute schon wieder vergessen. So kann man nicht ernsthaft regieren."

Um die Mehrheit im Bundesrat für das Wachstumspaket mit rund 8,4 Milliarden Euro Entlastungen im kommenden Jahr zu sichern, müssen alle sechs schwarz-gelben Landesregierungen zustimmen. Die schleswig-holsteinische Landesregierung um Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hatte wegen der zu erwartenden Einnahmeausfälle mit einem Veto gedroht, sollte es für die Belastungen der Landeskasse keine Gegenleistungen des Bundes geben.

(DDP/AFP)
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