Steuerabkommen mit der Schweiz Schäuble hält neuen Anlauf für chancenlos

Berlin · Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält es für ausgeschlossen, dass es zu Neuverhandlungen über ein Steuerabkommen mit der Schweiz kommt. Zeitgleich wirbt Außenminister Guido Westerwelle für neue Gespräche.

 Finanzminister Wolfgang Schäuble glaubt nicht mehr an ein Abkommen mit der Schweiz.

Finanzminister Wolfgang Schäuble glaubt nicht mehr an ein Abkommen mit der Schweiz.

Foto: dpa, Wolfgang Kumm

Als Rechtsstaat kann und wird die Schweiz nicht rückwirkend Gesetze ändern oder das Steuergeheimnis abschaffen", sagte er der "Bild am Sonntag". Die SPD warf Schäuble vor, nicht hart genug mit der Schweiz verhandelt zu haben, und forderte die rasche Neuaufnahme von Gesprächen.

Schäuble verwies darauf, dass SPD und Grüne das Abkommen im Bundesrat scheitern ließen und keine Haltungsänderung erkennbar sei. Mögliche Vereinbarungen zum Informationsaustausch könnten sich daher nur noch auf die Zukunft beziehen. "Für die Vergangenheit wäre das Abkommen der einzige Weg gewesen", sagte der CDU-Politiker. "Aber das ist vorbei." Den Steuerzahlern seien damit Milliarden verloren gegangen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) dringt derweil auf einen neuen Anlauf für ein Deutsch-Schweizer Steuerabkommen - aber erst nach der Bundestagswahl. "Es ist im Interesse der Schweiz als einem bekannten und bewährten Finanzplatz, aber auch im Interesse Deutschlands, wenn alle, die Gelder illegal ins Ausland geschafft haben, herangezogen werden", sagte der FDP-Politiker in einem am Samstag verbreiteten Gespräch mit der Schweizer "Neuen Zürcher Zeitung".

Westerwelle wirbt für neuen Anlauf

Westerwelle plädierte für einen zweiten Anlauf, auch wenn sich an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat nach der Bundestagswahl zunächst nichts ändern dürfte. "Diese Wahlkampfmanöver sind nach der Bundestagswahl vorbei. Wir müssen einen zweiten Anlauf machen, um auszuloten, welche Spielräume bestehen", argumentierte er.

Auch angesichts der Debatte in Deutschland über eine Neuregelung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge hält der Außenminister einen neuen Anlauf für richtig. Die SPD will die Abgeltungsteuer von 25 auf 32 Prozent erhöhen. Westerwelle sagte auf eine entsprechende Frage: "Ich wünsche mir, dass durch Gespräche ein neuer Anlauf gelingt. Dabei sollten die jüngsten Entwicklungen weltweit und in der Europäischen Union berücksichtigt werden." Auf globaler Ebene und in der EU hätten sich im übrigen die Entwicklungen "spürbar beschleunigt". Er wünsche sich, "dass es hier schon bald zu festen Vereinbarungen kommen wird".

"Kapitulationserklärung"

Das von der Bundesregierung mit der Schweiz ausgehandelte Abkommen war im Dezember am Widerstand von Rot-Grün im Bundesrat gescheitert. Es sah unter anderem vor, auf Zinseinnahmen deutscher Bankkunden in der Schweiz automatisch einen Abschlag nach Deutschland abzuführen. Die Anonymität der Kontoinhaber sollte aber weitgehend gewährleistet bleiben. Aus Sicht der Opposition blieben zu viele Schlupflöcher für Steuersünder offen.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß wandte sich am Samstag gegen die Darstellung, das von Schäuble verhandelte Steuerabkommen mit der Schweiz sei das einzig mögliche gewesen. Eine solche Aussage sei "eine klare Kapitulationserklärung", erklärte Poß in Berlin.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach sich im Gespräch mit unserer Redaktion dafür aus, das deutsch-schweizerische Steuerabkommen so rasch wie möglich neu zu verhandeln. Voraussetzung dafür sei, dass die Schweiz einem grundsätzlichen Informationsaustausch zustimme. Zudem müssten Altfälle anders gehandhabt werden, sagte Steinbrück.

Schweiz signalisiert Bereitschaft

Die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erklärte sich derweil grundsätzlich bereit, über den internationalen Austausch von Bankdaten zu sprechen. Es gebe dafür aber bestimmte Bedingungen, sagte sie laut Nachrichtenagentur SDA in Genf. Die Schweiz müsse ein starker und wettbewerbsfähiger Finanzplatz bleiben, mahnte sie zugleich. Widmer-Schlumpf hatte bereits beim Treffen der G-20-Finanzminister im April erklärt, ihr Land sei zu Gesprächen bereit, sofern der Datenaustausch für alle Staaten gelte, auch die Steuerparadiese in Übersee.

Schäuble kündigte eine verfassungsrechtliche Prüfung an, ob Strafbefreiung bei einer Selbstanzeige in Zukunft ab einer bestimmten Größenordnung ausgeschlossen werden kann. Er lasse "jetzt prüfen, ob wir verfassungsrechtlich den Spielraum haben, ab einer bestimmten Größenordnung der Steuerhinterziehung Strafbefreiung auszuschließen", sagte der Minister der "BamS".

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) drang auf eine rasche Begrenzung der Straffreiheit für reiche Steuerhinterzieher. Der Fall des Bayern-München-Präsidenten Uli Hoeneß habe die Gesellschaft wachgerüttelt, sagte Lieberknecht dem Berliner "Tagesspiegel" vom Samstag. Sie schloss nicht aus, dass es noch vor der Bundestagswahl zu einer gesetzlichen Lösung komme. Die Arbeitsgruppe der CDU unter Leitung Schäubles werde sich am Dienstag treffen und erste Gedanken dazu entwickeln.

(AFP/pst)
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