SPD im Bundestag "Schäuble hat noch nichts geleistet"

Berlin (RPO). Unmittelbar vor den Schlussberatungen über den Haushalt 2010 hat die SPD im Bundestag Finanzminister Wolfgang Schäuble massiv attackiert und dem CDU-Politiker mangelnden Ehrgeiz beim Sparen bescheinigt. Die Rekordneuverschuldung von aktuell 80,2 Milliarden Euro hätte um mehrere Milliarden niedriger ausfallen können.

Euro-Länder in der Schuldenfalle
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Das sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, der Nachrichtenagentur DAPD in Berlin.

Dazu hätte die Regierung die sinkenden Ausgaben für die Arbeitslosen-Unterstützung und die Zinszahlungen voll zur Schuldentilgung einsetzen müssen. Doch habe Schwarz-Gelb das Geld lieber für Geschenke an Landwirte, Hotelbesitzer und reiche Erben verwendet, beklagte er.

Mit Blick auf die kommenden Jahre bis 2016 beklagte Schneider, es sei immer noch völlig unklar, wie Schäuble seinen eigenen Plan verwirklichen wolle, das Defizit wegen der neuen Schuldenbremse jedes Jahr um mindestens zehn Milliarden Euro pro Jahr zu drücken. "Herr Schäuble hat bisher noch gar nichts geleistet", lautete sei Fazit.

Besonders kritisierte der SPD-Politiker, dass der Finanzminister den einzelnen Ressorts keine verbindlichen Sparvorgaben schon für 2011 gemacht hat. "Das wurde versäumt. Und jetzt meldet jeder Minister fleißig seine Wünsche an." Die Klärung werde offenbar bewusst bis nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai verzögert, doch dann blieben nur noch eineinhalb Monate, "um den Haushalt gerade zu ziehen".

Statt konkrete Sparmaßnahmen anzuschieben, fabuliere Schäuble nun über einen europäischen Währungsfonds, rügte Schneider. "Meines Erachtens soll das alles nur von eigenen Schwächen ablenken. Wenn er so weiter macht, wird Deutschland selbst ein Fall für den Europäischen Währungsfonds."

Der Bundestag beginnt am (heutigen) Dienstag (10.00 Uhr) seine viertägigen Schlussberatungen über den Haushalt 2010. Der Etat von Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht Ausgaben von 319,5 Milliarden Euro vor, davon sollen 80,2 Milliarden Euro mit frischen Krediten bezahlt werden. Damit erreicht die Neuverschuldung einen einsamen Höchststand in der Nachkriegsgeschichte.

SPD will Steuervergünstigungen kürzen

Die Sanierung des Bundeshaushalts müsse aus Sicht der SPD vor allem über die Einnahmenseite laufen, sagte Schneider. Es gebe beispielsweise enorm hohe Steuervergünstigungen und Subventionen, "die beschnitten werden müssen". Beispiele seien klima- und umweltschädliche Subventionen oder unsinnige Ermäßigungen bei der Mehrwertsteuer. Bei den Ausgaben lasse sich indes allenfalls im Verteidigungsetat etwas sparen und im Vollzug, alles andere gehe in den Sozialbereich. "Dass aber die armen Leute dafür bluten sollen, dass die Reichen diese Krise verursacht haben, das sehe ich nicht ein", betonte er.

Schneider begrüßte die Ankündigung der FDP, möglicherweise die massiven Steuersenkungen erst 2012 in Angriff zu nehmen. "Damit bewegt sich Herr Westerwelle in Richtung Realität. Bisher hat er ja mehr in einem Märchenland gewohnt."

Bis Freitag stimmen die Abgeordneten nun nach und nach über die Einzeletats der Ministerien und Bundesbehörden ab. Am Mittwoch kommt es dann anlässlich des Etats des Bundeskanzleramts zum traditionellen Höhepunkt, der dreieinhalbstündigen Generalaussprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Minister wollen von Schäuble neun Milliarden

Ungeachtet der Schuldenbremse und der Sparvorgaben fordern die Minister der Bundesregierung für 2011 knapp neun Milliarden Euro mehr als bisher im Finanzplan vorgesehen.

Die Summe geht aus den Anmeldungen der Ressorts für den Haushalt 2011 hervor, erfuhr unsere Redaktion aus Regierungskreisen. Die Ressorts mussten bis zum 5. März ihre Ausgabenwünsche bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) abgeben. Die Beratungen beginnen nach Ostern.

Dabei sollen vor allem die Minister Rainer Brüderle (FDP, Wirtschaft), Philipp Rösler (FDP, Gesundheit), Norbert Röttgen (CDU, Umwelt) und Peter Ramsauer (CSU, Verkehr) "jeglichen Sparwillen vermissen lassen", heißt es. Allein Umweltressortchef Röttgen verlange 20 Prozent mehr als bisher geplant. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zwingt die Regierung allerdings, von 2011 an jedes Jahr zusätzlich zehn Milliarden Euro einzusparen.

Union will im Herbst keine neuen Schulden

Die Unions-Fraktion im Bundestag sieht nach den zu erwartenden Rekordschulden im geplanten Bundeshaushalt 2010 keine Notwendigkeit für einen Nachtragshaushalt im Herbst zur Aufnahme zusätzlicher Kredite.

Haushälter Norbert Barthle (CDU) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", der zur Verabschiedung stehende Haushalt 2010 lasse im Sozialbereich genügend Puffer zu, um mögliche Zusatzausgaben wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise bewerkstelligen zu können. "Wir hätten die Nettokreditaufnahme auch leicht unter 80 Milliarden Euro senken können. Wir wollten die Prognosen aber nicht zu optimistisch, sondern konservativ halten, so dass die Regierung ausreichend Spielraum hat", sagte der CDU-Politiker.

Barthle betonte, dass der Haushaltsausschuss in 310 Änderungsanträgen die von der Bundesregierung ursprünglich geplante Nettokreditaufnahme in 2010 im Ergebnis um 5,6 Milliarden Euro reduziert habe. Entgegen dem Regierungsentwurf sei wieder eine pauschale Stelleneinsparung von einem Prozent aufgenommen worden.

Zusätzlich erfolgte eine Gleichbehandlung aller Bereiche bei der im Entwurf schon enthaltenen 0,4-prozentigen Stelleneinsparung wegen der Verlängerung der Wochenarbeitszeit von Beamten. "Wir werden in diesem Haushaltsjahr netto 1600 Stellen abbauen", betonte der Haushälter.

Die Personalquote im öffentlichen Dienst habe mit 259 500 Planstellen bereits ein historisches Tief erlangt. "Das wiedervereinigte Deutschland hat heute weniger Beschäftigte als Westdeutschland vor dem Fall der Mauer", sagte Barthle.

(RP/AP/csr)
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