Barthle für moderate Steuererhöhung am oberen Ende Schäuble schließt Steuererhöhungen nicht aus

Berlin · Während der Chefhaushälter der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Barthle (CDU), für eine moderate Anhebung des Spitzensteuersatzes für Besserverdienende plädiert, hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Zuge einer Koalition mit SPD oder Grünen eine Steuererhöhung nicht ausgeschlossen.

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Enttäuschung bei der Wahlparty der CDU in Berlin

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Foto: dpa/Michael Kappeler

Mit den Mehreinnahmen durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes für Besserverdienende sollten gleichzeitig Entlastungen für kleinere Einkommen gegenfinanziert werden. "Ich kann mir eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes am oberen Ende zur Gegenfinanzierung von Entlastungen am unteren Ende vorstellen", sagte Barthle unserer Redaktion. "Die Treppe beim Spitzensteuersatz zwischen 42 Prozent ab 53.000 Jahreseinkommen und 45 Prozent ab 250.000 Euro könnte wegfallen", sagte Barthle.

"Der Einkommensteuertarif würde dann auch zwischen 42 und 45 Prozent linear-progressiv ansteigen", sagte Barthle. "Mit den Mehreinnahmen sollten wir die negativen Effekte der kalten Progression bekämpfen. Wir wollen den Mittelstandsbauch im Steuertarif abflachen und den Grundfreibetrag anheben", sagte der Chefhaushälter der Union. "Auf diese Weise hätten wir unterm Strich keine Steuererhöhungen", sagte Barthle.

Schäuble und Laschet nicht grundsätzlich gegen Steuererhöhungen

Auch in der CDU-Führung werden bei der Suche nach einem Koalitionspartner Steuererhöhungen durch die künftige Regierung nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte auf eine entsprechende Frage der Wochenzeitung "Die Zeit": "Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen."

Damit geht er auf SPD und Grüne zu, die sich im Wahlkampf für höhere Steuern ausgesprochen haben. Die Union hatte das bisher strikt abgelehnt. Persönlich sei er aber gegen Steuererhöhungen, fügte Schäuble hinzu: "Ich persönlich bin der Meinung, dass der Staat keine zusätzlichen Einnahmequellen benötigt." Sein Sprecher Martin Kotthaus ergänzte am Mittwoch auf Fragen von Journalisten, der Minister sehe weiter keinen Grund für Steuererhöhungen.

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet. "Man weiß in der Tat nicht, was aus den Koalitionsverhandlungen herauskommt", sagte er der Zeitung "Die Welt" auf die Frage, ob Steuererhöhungen nun wahrscheinlicher würden. Die CDU sei definitiv dagegen. Steuererhöhungen wären "im Moment" schädlich. Laschet fügte aber hinzu: "Natürlich werden wir in allen Themen kompromissbereit sein müssen. Sonst kriegen wir keine Koalition hin."

CDU und CSU hatten bei der Bundestagswahl eine absolute Mehrheit knapp verfehlt und müssen sich nach dem historischen Aus für die FDP einen neuen Koalitionspartner suchen. Möglich sind ein schwarz-rotes oder schwarz-grünes Regierungsbündnis.

SPD und Grüne fordern Erhöhung der Steuersätze

SPD als auch Grüne hatten im Wahlkampf gefordert, die Einkommenssteuer für Spitzenverdiener anzuheben und Vermögen stärker zu belasten, um mehr Investitionen in Infrastruktur und Bildung finanzieren zu können. Auch das steuergünstige Ehegatten-Splitting steht bei Sozialdemokraten und Grünen auf dem Prüfstand. Die Union, die sich wie die abgewählte FDP bisher gegen Steuererhöhungen ausgesprochen hatte, konnte bei der Wahl deutlich zulegen.

Schäuble zeigte sich zugleich offen für eine Koalition mit den Grünen und schloss eine Neuwahl aus. Die Grünen führten eine interne Diskussion, ob sie nicht im Wahlkampf die falschen Akzente gesetzt hätten. "Das Ergebnis muss man abwarten, dann wird man sehen", sagte Schäuble der "Zeit" weiter.

"Wenn Sie Winfried Kretschmann oder einigen der grünen Oberbürgermeister aus Baden-Württemberg zuhören, dann werden sie bei diesen Leuten eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Kurs der Bundespartei feststellen - vor allem mit Blick auf die Steuerpolitik", sagte Schäuble nun. Wenn sich dieses Lager durchsetze, sei eine Koalition eine realistische Option.

Schäuble zeigte sich zuversichtlich, dass die Bildung einer Regierung erfolgreich abgeschlossen werden kann: "Es wird keine Neuwahlen geben. Demokratische Parteien müssen miteinander arbeiten können, wenn sich der Pulverdampf des Wahlkampfs verzogen hat." Mit Blick auf die geplante europäische Bankenunion würde er "natürlich eher eine schnellere als eine langsamere Einigung vorziehen".

(mar)
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