Milliardenschwerer Fonds für Flutopfer "Schamlos und absurd"- Politik streitet über Hochwasser-Soli

Düsseldorf · Die Flut hinterlässt Schäden in Milliardenhöhe. An diesem Donnerstag berät Kanzlerin Merkel mit den 16 Ministerpräsidenten über einen geplanten Hilfsfonds. Wie die Milliarden finanziert werden sollen, ist offen. Aus dem Osten kommt der Ruf nach einem Hochwasser-Soli - und löst Verärgerung aus.

 Mehr Geld für den Osten: Reiner Haseloff.

Mehr Geld für den Osten: Reiner Haseloff.

Foto: dapd, dapd

Am Nachmittag trifft sich Merkel mit den Ministerpräsidenten. In einigen Dingen ist man sich bei der Gestaltung des Hilfsfonds für die Flutopfer bereits einig: Schon Anfang Juli soll er stehen und außerdem von Bund und Ländern je zur Hälfte getragen werden. Das Volumen und die Finanzierung aber sind offen.

Der Rahmen für die finanzielle Ausstattung des nationalen Fonds soll rasch geklärt werden und das Gesetzgebungsverfahren bis 5. Juli abgeschlossen sein, wie aus einer der dpa vorliegenden Beschlussvorlage hervorgeht.

"FDP schimpft auf Steuererhöhungspolitiker"

Die Finanzierung des Milliarden-Hilfsfonds bleibt jedoch umstritten. Eine von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) vorgeschlagene befristete Anhebung des Solidaritätszuschlags wird von anderen Ländern abgelehnt. Die Regierungschefs von Thüringen und Sachsen, Christine Lieberknecht und Stanislaw Tillich (beide CDU), erteilten einem "Flutsoli" ebenso eine Absage wie die FDP.

"Das ist eine absurde, schamlose Forderung. Wir haben die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte unseres Landes", sagte FDP-Fraktionsvize Volker Wissing unserer Redaktion. "Ich finde es schamlos, wie die Steuererhöhungspolitiker jede Gelegenheit nutzen, um höhere Belastungen für die Bürger zu fordern", sagte Wissing. Dies gelte auch für den CDU-Politiker Haseloff. Die Beseitigung der Flutschäden sei eine gesamtstaatliche Aufgabe. "Dazu müssen wir aber nicht die Steuern erhöhen", sagte der FDP-Vorsitzende von Rheinland-Pfalz.

Mehr Soli für ein Jahr

Haseloff hatte angekündigt, er werde eine auf ein Jahr befristete Erhöhung des Solidaritätszuschlages um einen bis anderthalb Prozentpunkte als eine denkbare Lösung vorschlagen. Derzeit beträgt der Zuschlag 5,5 Prozent. Mit den Mitteln solle der Länderanteil an den Kosten für den Wiederaufbau ersetzt werden.

Lieberknecht hielt im ZDF dagegen: "Es gibt viele Menschen, die spenden ohnehin." Aber der Staat müsse auch seine Leistung bringen. Tillich sagte im Bayerischen Rundfunk, eine Steuererhöhung sei durch die "nationale Katastrophe" des Hochwassers zwar begründbar, aber nicht notwendig. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)
forderte ein Bund-Länder-Konzept zum Hochwasserschutz.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring forderte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der "Bild"-Zeitung auf, Arbeitslohnspenden zu ermöglichen. Dabei geben Arbeitnehmer eine Verzichtserklärung bei ihrem Arbeitgeber ab. Der von ihnen bestimmte Teil des Bruttogehalts geht direkt an die Spendenkonten. Steuern und Sozialabgaben werden darauf nicht gezahlt.

Tagung am Nachmittag

Am Nachmittag wollen die Ministerpräsidenten mit Merkel über Details für den Fonds beraten. Im Gespräch ist ein Volumen von rund acht Milliarden Euro. Bund und Länder sollen sich je zur Hälfte an der Finanzierung beteiligen. Nach der Hochwasserkatastrophe von 2002 hatte die damalige rot-grüne Koalition einen Aufbaufonds von gut sieben Milliarden Euro beschlossen. Dann wurden Kommunen von Zahlungen befreit, die Summe betrug später 6,5 Milliarden Euro.

Es werde angestrebt, "die Rahmenbedingungen der finanziellen Ausstattung des nationalen Fonds zeitnah zu klären, so dass das Gesetzgebungsverfahren bis zur Sitzung des Bundesrats am 5. Juli 2013 abgeschlossen werden kann", heißt es in der Beschlussvorlage des Bundes. In einer Vorlage von Sachsen und Sachsen-Anhalt heißt es, die Länder gingen davon aus, "dass die finanzielle Ausstattung des nationalen Fonds bis zum Bundesratsplenum am 5. Juli 2013 geklärt und kodifiziert ist".

In beiden Vorlagen wird betont, dass der nationale Fonds für die anschließende Aufbauhilfe je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden soll. Der Bund will sich zudem an jedem Soforthilfeprogramm der Länder zur Hälfte beteiligen. Auch verzichtet der Bund auf die Erstattung der Kosten für die Einsatzkräfte des Bundes durch die betroffenen Länder. Der Einsatz von Bundeswehr, Bundespolizei und Technischem Hilfswerk in den Flutgebieten kostete bisher rund 55 Millionen Euro.

Für den Hilfsfonds wird der Bund voraussichtlich einen Nachtragshaushalt für 2013 vorlegen. Auf Steuererhöhungen wollen Union und FDP verzichten. Möglich sind Ausgabenkürzungen, Umschichtungen oder zusätzliche Kredite. Die Schuldenbremse lässt neue Schulden für Bund und Länder bei Naturkatastrophen zu. Neun Bundesländer wollen zudem die EU um Wiederaufbauhilfe bitten.

(ots/dpa/csi/pst)
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