Partei putscht gegen OB Schlammschlacht in Dortmunder SPD

Dortmund (RPO). Dieser Vorgang sucht in der Geschichte des Ruhrgebiets seinesgleichen. Die SPD-Basis in Dortmund putscht gegen ihren Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer. Vor der Kommunalwahl 2009 tobt jetzt eine Schlammschlacht um den Spitzenkandidaten.

 OB Langemeyer hat keinen Rückhalt mehr in der Dortmunder SPD.

OB Langemeyer hat keinen Rückhalt mehr in der Dortmunder SPD.

Foto: ddp

Als Schlichterin im Dortmunder Komödienstadl musste sogar SPD-Landeschefin Hannelore Kraft zu Hilfe geholt werden. Nun sollen die knapp 9000 Mitglieder der Dortmunder SPD den Machtkampf um den Oberbürgermeister-Kandidaten für die Kommunalwahl 2009 basisdemokratisch auf Stadtteilkonferenzen per Abstimmung beenden. Darauf habe er sich mit Hannelore Kraft und der Dortmunder Parteiführung verständigt, erklärte OB Langemeyer am Mittwoch.

Serie von Skandalen

Der Dortmunder SPD-Unterbezirkschef Franz-Josef Drabig hatte tags zuvor Kulturdezernent Jörg Stüdemann (SPD) als Gegenkandidat zum Amtsinhaber präsentiert. Angesichts einer Serie von Skandalen im Rathaus sei mit Langemeyer keine Wahl mehr zu gewinnen, hieß es. Bei dem Mitgliederentscheid soll nun auch Stadtdirektor Ullrich Sierau kandidieren. Der 64-jährige Langemeyer ist seit 1999 Oberbürgermeister von Dortmund.

Seit Monaten steht der OB auch parteiintern in der Kritik. Missmanagement wurde ihm wegen der finanziellen Probleme des städtischen Klinikums vorgeworfen. Die Lokalpresse berichtete zudem über die sogenannte Bargeld-Affäre, bei der 1,1 Millionen Euro spurlos aus der Stadtkasse verschwunden waren. Eine kokainsüchtige Sachbearbeiterin im OB-Büro gab die Veruntreuung städtischer Gelder zu. Langemeyer war nicht persönlich verantwortlich, aber die Vorwürfe belasteten seine Amtsführung schwer.

"Es ist wie bei Beck"

Drabig verglich Langemeyer mit dem unlängst zurückgetretenen SPD-Bundesparteichef Kurt Beck. "Es ist wie bei Beck. Manchmal geht es einfach nicht weiter", sagte der Unterbezirksvorsitzende. Langemeyer habe in jüngster Zeit "keine glückliche Figur" gemacht. Die Partei brauche in der Revierkommune deshalb einen Neuanfang. Umfragen hätten gezeigt, dass die Erfolgsaussichten mit Langemeyer als OB-Kandidat beim Urnengang im kommenden Jahr gering wären, sagte Drabig.

Die 587.000-Einwohner-Stadt gilt immer noch als die SPD-Hochburg schlechthin. Während die Sozialdemokraten in anderen Kommunen des Ruhrgebiets wie Essen und Duisburg bereits die Macht an die CDU verloren haben, regieren die Genossen in der BVB- und Pils-Stadt trotz etlicher Skandale bisher unangefochten. SPD-Urgestein Herbert Wehner hatte Dortmund einst die "Herzkammer der Sozialdemokratie" genannt. Vom legendären Ruf zehrt die Dortmunder SPD bis heute.

Krisenmanagerin Kraft

Darum musste SPD-Landeschefin Kraft zum Krisenmanagement nach Dortmund eilen. Ein Jahr vor der Kommunalwahl war sie um Schadensbegrenzung bemüht. Die Konflikte zwischen den dortigen Genossen schwelen teilweise schon seit den 90er Jahren - damals war Kraft noch einfaches Parteimitglied in Mülheim. Sie habe sich jetzt für den Mitgliederentscheid eingesetzt, heißt es aus der NRW-SPD.

"Ich bin der Favorit", sagte Langemeyer nun zu seinen Erfolgsaussichten bei der Mitgliederbefragung. Die Urwahl werde zeigen, "dass meine Arbeit als Oberbürgermeister anerkannt wird". Er wolle die Partei wieder zusammenführen. Der Sieger der Urabstimmung werde dann von der gesamten Partei getragen. In jedem Fall wolle er bis zum Ende seiner Amtszeit 2009 OB bleiben, sagte Langemeyer.

"Dortmunder Chaos-Tage"

Angesichts der Querelen in Dortmund warf CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst der Oppositionsführerin dennoch "eklatante Führungsschwäche" vor. "Die Dortmunder Chaos-Tage zeigen eine Partei in Auflösung", attackierte der Christdemokrat.

Ein wenig erinnert die SPD-Demontage von Langemeyer an den Putsch gegen den einstigen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Wie dem weggemobbten CSU-Chef wirft Langemeyer niemand politische Erfolglosigkeit vor. Im Gegenteil, selbst Drabig bescheinigt dem OB "große Verdienste" um die Stadt - etwa beim Strukturwandel der ehemaligen Kohle- und Stahlmetropole. Trotzdem scheinen sich viele in der Dortmunder SPD einig zu sein, dass der seit fast einem Jahrzehnt regierende Rathauschef ganz schnell weg muss.

(afp)
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