Warnung vor sozialen Unruhen Schwan sorgt für allgemeine Empörung

Berlin (RPO). Mit ihrer Warnung vor sozialen Unruhen wegen der Wirtschaftskrise hat SPD-Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan eine heftige Debatte losgetreten. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) distanzierte sich von Schwans Äußerungen, während Linken-Chef Oskar Lafontaine sie in Schutz nahm. In Hannover demonstrierten tausende Beschäftigte des Autozulieferers Continental friedlich gegen Werksschließungen.

Gesine Schwan, die streitbare Kandidatin
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Foto: AFP

Schwan bekräftigte in der "Frankfurter Rundschau" ihre Befürchtung, dass die Wirtschaftskrise zu "sozialen Verwerfungen" führen und eine "Gefahr für die Demokratie" werden könnte. "Unser Sozialstaat, den es etwa in den USA in dieser Form nicht gibt, fängt im Moment noch vieles auf", sagte sie. Auch die Maßnahmen des zweiten Konjunkturpakets gäben "einen zeitlichen Aufschub". Wenn die Wirtschaft aber wirklich wie vorhergesagt um sechs Prozent schrumpfe, "werden auch diese Halteseile irgendwann reißen".

Schwan fordert drittes Konjunkturpaket

Die SPD-Kandidatin für das Bundespräsidentenamt sprach sich für ein drittes Konjunkturpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft aus. Sie stellte sich damit an die Seite von DGB-Chef Michael Sommer, der beim Konjunkturgipfel im Kanzleramt am Mittwoch vergeblich für weitere Staatsprogramme geworben hatte. Auch Sommer wiederholte am Donnerstag seine Warnung vor sozialen Unruhen. "Sie wissen wie Menschen reagieren, wenn sie ihre Existenz verlieren", sagte er im RBB.

Steinmeier: "Sollten nichts herbeireden"

Steinmeier übte Kritik an der Diskussion über soziale Konflikte. "Ich glaube, die sozialen Unruhen sollen wir nicht herbeireden", sagte er "Spiegel TV Online". Die Politik solle sich vielmehr der Krise entgegenstemmen. "Im Vergleich weltweit hat sich Politik in Deutschland durchaus handlungsfähig gezeigt", verteidigte der SPD-Kanzlerkandidat die große Koalition.

CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete Schwans Äußerungen als unverantwortlich. "Damit betreibt man doch das Geschäft von Rattenfängern am rechten und linken Rand", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Freitagsaus. "Heute soziale Unruhen in Deutschland heraufzubeschwören vergiftet das Klima und verringert die Chance auf positive Wirkung der Konjunkturprogramme."

Lafontaine: "Rechte wird wieder stark"

Lafontaine warf der Regierung aus Union und SPD dagegen vor, der steigenden Arbeitslosigkeit tatenlos zuzusehen. Dadurch wachse die Gefahr, "dass die Rechte in Deutschland wieder stark wird", sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Der Linken-Chef plädierte für einen politischen Generalstreik, um die Regierung zum Handeln zu zwingen. Zu den Befürchtungen von Sommer und Schwan sagte er: "Diese Sorgen teilen wir."

Bei der Kundgebung vor dem Kongresszentrum in Hannover, in dem zeitgleich die Hauptversammlung von Continental begann, forderten Redner aus Deutschland und Frankreich den Verzicht auf die Schließung der Werke in Stöcken bei Hannover und im französischen Clairoix. Rund 1200 Beschäftigte aus Frankreich waren am Morgen mit einem Sonderzug in Hannover angekommen. Nach Polizeiangaben gab es bis zum Mittag keine Zwischenfälle. In Frankreich hatten aufgebrachte Mitarbeiter des Reifenherstellers am Dienstag mehrere Räume einer Behörde und das Wachhäuschen ihrer Fabrik verwüstet.

(AFP)
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