David McAllister im Interview "Schwarz-Grün? Eine akademische Debatte"

Der niedersächsische Ministerpräsident David MacAllister sprach mit unserer Redaktion über den Parteitag der CDU in Hannover, Koalitionsmöglichkeiten 2013 und sein Familienbild.

 David Macallister hofft beim Parteitag der CDU auf Geschlossenheit.

David Macallister hofft beim Parteitag der CDU auf Geschlossenheit.

Foto: dpa, Jochen Lübke

Auf dem CDU-Parteitag nächste Woche in Hannover werden keine großen inhaltlichen Debatten erwartet. Haben Sie Ihre Parteifreunde zur Ruhe aufgerufen, damit Sie Wahlkampf machen können?

Mcallister Nein. Der Bundesparteitag ist das höchste beschlussfassende Organ der CDU, und selbstverständlich gehören dazu Diskussionen. Eine Partei, die diskutiert, ist eine lebendige Partei. Die CDU ist quicklebendig.

Wo wird denn diskutiert in Hannover?

mcallister Das weiß man nie so genau. Auf jedem Parteitag gibt es Punkte, bei denen sich eine Debatte ergibt. Und das ist auch gut so. Beim letzten Bundesparteitag in Leipzig hatten wir eine wirklich hochkarätige und spannende Debatte zum Thema Mindestlohn. Ich kann mich auch gut an die mehrstündige Debatte zum Thema Präimplantationsdiagnostik auf dem Parteitag in Karlsruhe im Jahr 2010 erinnern.

In der Familienpolitik droht ein Konflikt. Die einen wollen eine steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe, die anderen ein Familiensplitting oder Zuschüsse für Haushaltshilfen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat erklärt, dass dieser Vorschlag kein Thema ist. Und die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften?

mcallister Wir haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte bei der Besserstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften hinbekommen. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist richtig. Auch in diesen Partnerschaften werden Werte vorgelebt, die für unsere Gesellschaft prägend sind. Ich bin bereit, über weitere Verbesserungen zu reden. Ehe und Familie stehen jedoch unter dem besonderen Schutz des Staates und sind daher privilegiert. Dabei sollte es bleiben. Wir sollten das Ehegattensplitting nicht infrage stellen, aber wir sollten es um Elemente eines Familiensplittings erweitern. Das sollte die CDU in einem Wahlprogramm hervorheben.

Was soll die Botschaft von Hannover sein?

mcallister Wichtig ist, dass der Parteitag ein Signal der Geschlossenheit und der Entschlossenheit aussendet. Dass der Parteitag bei uns in Hannover stattfindet, freut uns. Wir erfahren als CDU derzeit starken Rückenwind aus Berlin. Das wissen wir zu schätzen — es war ja nicht immer so. Die Union steht in Deutschland bei knapp 40 Prozent. Das zeigt doch, dass wir in einer immer heterogener und pluraler werdenden Zeit trotzdem eine Partei für alle, Junge und Ältere, Frauen und Männer, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Christen und Andersgläubige, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, sein können. Die CDU ist aktuell eine der erfolgreichsten Parteien in Europa. Sie ist eine echte Volkspartei.

Julia Klöckner soll in Hannover zur Vize-Parteichefin gewählt werden. Sie stehen als Wahlkämpfer und Gastgeber ohnehin im Fokus. Sie beide sind die einzigen CDU-Spitzenpolitiker in der Altersgruppe zwischen 40 und 50. Hat die Partei da Nachholbedarf?

mcallister Die CDU hat im Bund und in den Ländern eine Reihe von Persönlichkeiten in der Altersgruppe um die 40. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden auf dem Parteitag eine gute Mischung aus neuen Führungskräften und Erfahrenen an die Spitze wählen, neben Julia Klöckner bewerben sich ja auch Armin Laschet und Thomas Strobl für den stellvertretenden Bundesvorsitz. Im Kreise der Ministerpräsidenten bin ich gegenwärtig in meiner Altersgruppe der Einzige. Das stimmt. Ich hoffe, dass in den nächsten Jahren noch viele aus meiner Generation stärker in die politische Verantwortung kommen.

Und wenn Sie wiedergewählt werden, sind Sie der Reservekanzler?

Mcallister Wenn ich wiedergewählt werde, bleibe ich fünf Jahre niedersächsischer Ministerpräsident. Es wäre eine Ehre, wenn ich dieses schöne Amt weiter ausfüllen darf. Und ich kenne ja den politischen Betrieb. Die Aufmerksamkeit steigt bis zur niedersächsischen Landtagswahl am 20. Januar. Dann zieht die politische und mediale Karawane weiter. Dann kommt die Landtagswahl in Bayern und dann die Bundestagswahl. Ich sehe das mit der typischen niedersächsischen Gelassenheit.

In Berlin streitet die schwarz-gelbe Koalition, in Niedersachsen scheitert die FDP laut Umfragen an der Fünf-Prozent-Marke. Sollte die CDU überhaupt noch eine Aussage zugunsten von Schwarz-Gelb machen?

mcallister Wir kämpfen dafür, klar stärkste Kraft zu werden. Und wir setzen auf eine Fortsetzung der christlich-liberalen Koalition. Die konkreten inhaltlich-politischen Schnittmengen mit der FDP sind am größten. Ich bin mir sicher, dass die FDP in den niedersächsischen Landtag einzieht. Und dann passt es.

Die schwarz-grüne Debatte ist also nur eine Fantasie?

mcallister Koalitionen erfordern eine hinreichend große inhaltliche Übereinstimmung. Die Schnittstellen zwischen CDU und Grünen in einigen Punkten reichen gegenwärtig nicht aus, im Bund oder in Niedersachsen, eine tragfähige Regierung zu bilden. Die schwarz-grüne Debatte empfinde ich eher als akademisch-feuilletonistisch.

Was sind Sie eigentlich, Modernisierer oder Konservativer?

mcallister In Schubladen denken ist retro. Ich lasse mich keiner ausschließlichen Strömung zuordnen. Ich bin deutscher Christdemokrat und das leidenschaftlich. Punkt.

Michael Bröcker führte das Gespräch.

(brö)
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