Kinderpornografie-Vorwürfe gegen SPD-Politiker Edathy nennt Vorgehen der Staatsanwaltschaft "ungeheuerlich"

Berlin · Der Fall Sebastian Edathy sorgt seit Tagen für Aufregung in der Großen Koalition. Jetzt hat sich Edathy erstmals selbst ausführlich zu dem Fall geäußert. Er bestreitet, von Tippgebern einen Hinweis auf die Ermittlungen bekommen zu haben, und nennt das Vorgehen der Staatsanwaltschaft "ungeheuerlich".

Chronologie des Falles Edathy
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Foto: dpa, han jhe cul

Er habe lediglich auf deutsche Presseberichte vom November über "eine Firma in Kanada" reagiert, die von den dortigen Behörden der Verbreitung von Kinderpornografie bezichtigt worden sei, sagte Edathy dem "Spiegel". CSU-Chef Horst Seehofer äußerte am Samstag scharfe Kritik am Koalitionspartner SPD.

Er habe sich erinnert, bei der Firma vor "etlichen Jahren Material bezogen zu haben, das ich eindeutig für legal halte", und habe daraufhin einen Anwalt um Beratung gebeten, sagte Edathy in dem Interview, das am Samstag auf der Website des "Spiegel" veröffentlicht wurde.

Das ist Hans-Peter Friedrich
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Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Edathy wegen Vorwürfen "im Grenzbereich" zur Kinderpornografie. Offiziell ist ein strafbares Verhalten bislang nicht nachgewiesen worden. Es geht nun auch um die Frage, ob Edathy möglicherweise Informationen über ein bevorstehendes Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen ihn bekommen hatte.

In dem "Spiegel"-Interview wies Edathy Berichte zurück, wonach vor der Durchsuchung seiner Privatwohnung Beweise vernichtet worden seien. "Ich halte es für irritierend, aus der Tatsache, dass die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft offenkundig nicht dazu geführt haben, mich rechtlich zu belasten, die Schlussfolgerung zu ziehen, ich hätte belastendes Material vernichtet".

Das Verhalten der Staatsanwaltschaft Hannover in seinem Fall bezeichnete Edathy als "ungeheuerlich": Sie werfe ihm "ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor, was sie aber nicht davon abhält, Details eines legalen Verhaltens zum Gegenstand einer Pressekonferenz zu machen".

Auch der Medienanwalt Ralf Höcker kritisierte die Staatsanwaltschaft. Diese hätte in diesem frühen Verfahrensstadium nicht über den Fall informieren dürfen, sagte der Kölner Anwalt im Nordwestradio. Er kritisierte insbesondere, dass die Staatsanwaltschaft am Freitag Details aus dem laufenden Verfahren bekanntgab.

Seehofer griff auf einem kleinen CSU-Parteitag in Bamberg die SPD an. Es stellten sich "eine ganze Menge Fragen an die SPD", sagte er. Der CSU-Chef warf dem Koalitonspartner "Geschwätzigkeit" vor. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann war am Donnerstag mit der Aussage an die Öffentlichkeit gegangen, der damalige Bundesinnenminister Friedrich habe SPD-Chef Sigmar Gabriel im Oktober informiert, dass der Name Edathy im Zusammenhang mit Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei. Der seitdem unter dem Verdacht des Geheimnisverrats stehende Friedrich musste daraufhin am Freitag zurücktreten. Die Nachfolge will die CSU am Montag bekannt geben.

Friedrich warf Oppermann in Bamberg ein gezieltes Ablenkungsmanöver vor, um seine eigene Karriere zu retten. Der "Welt am Sonntag" sagte der CSU-Politiker, er habe Gabriel informiert, kurz nachdem er in einer Sitzung während der Koalitionsverhandlungen einen Anruf bekommen habe. "Da habe ich gedacht, ich sage ihm das jetzt, dass er es politisch beurteilen kann", sagte Friedrich.

Oppermann begründete seinen Gang an die Öffentlichkeit in der "Bild am Sonntag" mit seinen Informationspflichten. Er betonte zudem, mit Friedrich den Inhalt seiner Pressemitteilung abgestimmt zu haben.

Gabriel versicherte in der ARD, weder er selbst noch Steinmeier oder Oppermann hätten Informationen über Ermittlungen gegen Edathy an diesen weitergegeben. Darin sei er sich "absolut sicher", sagte er auch der "Bild"-Zeitung.

(AFP)
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