Auftritt in der Bundespressekonferenz Ein selbstgefälliger Edathy erhebt schwere Vorwürfe

Meinung | Berlin · Sebastian Edathy hat bei seinem Auftritt in der Bundespressekonferenz am heutigen Donnerstagvormittag ein zwiespältiges Bild abgegeben. Eine Analyse unseres Redakteurs Jan Drebes.

Sebastian Edathys Auftritt in Berlin
14 Bilder

Sebastian Edathys Auftritt in Berlin

14 Bilder

Der ehemalige SPD-Abgeordnete, der wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie voraussichtlich ab Februar in Niedersachsen vor Gericht stehen wird, konnte zunächst mit recht plausiblen Darstellungen der Ereignisse im vergangenen Herbst und Winter punkten. Aber vor allem in der zweiten Hälfte der mehr als zweistündigen Pressekonferenz wirkte Edathy aufbrausend und selbstgefällig.

Edathy reagierte pampig auf Fragen nach den Inhalten der Filme, die er sich nach eigenen Angaben bei einer kanadischen Filmfirma bestellt hatte. Er beteuerte, dass die Filme legal gewesen seien, einen Anflug von Reue zeigte er nur mit Verweis auf moralische Fehler. Doch Edathy vermied es, konkrete Aussagen zu den Filminhalten zu machen. Er konnte die Kernfrage nicht beantworten, ob er strafbare Filme heruntergeladen hat.

Und Edathy warf den anwesenden Journalisten gleichzeitig vor, nicht zu wissen, über was sie berichten. Mit solchen Bemerkungen ("Where is the fucking problem") schadete Edathy dem Eindruck enorm, den er während seines Eingangsstatements gemacht hatte — zumal er das Format der Pressekonferenz ja freiwillig gewählt und angestoßen hatte.

Vorwürfe vor allem gegen drei Personen

Zu Anfang konnte Edathy noch plausibel und fundiert die zeitlichen Abläufe erklären, die im Februar schließlich dazu geführt hätten, dass er sein Bundestagsmandat niederlegte. Edathy erhob während dieser Schilderungen schwere Vorwürfe vor allem gegen drei Personen: den damaligen Parlamentarischen Geschäftsführer und heutigen Chef der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, seinen damaligen Vertrauten und SPD-Fraktionskollegen Michael Hartmann, sowie gegen den damals amtierenden Chef des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke.

Die Darstellung, dass Edathy zunächst aus den Medien von BKA-Ermittlungen gegen Kunden der kanadischen Filmfirma erfuhr, bei der auch er Filme mit zunächst vermuteten kinderpornografischen Inhalten bestellt hatte, schien schlüssig. Auch, dass er erst danach von Hartmann ins Bild gesetzt wurde, dass Ziercke von Edathys Namen auf der Kundenliste wusste.

In die Version passt zudem die wenig schmeichelhafte Rolle, die Edathy seinem damaligen Chef Oppermann zusprach: Der habe seine Leute, vor allem Hartmann, später instrumentalisiert, um Edathy zur Aufgabe seines Bundestagsmandats zu drängen. Ob jedoch all diese Behauptungen der Wahrheit entsprechen, muss nun der Untersuchungsausschuss klären, der in diesen Minuten tagt — mit Edathy und Hartmann als nacheinander geladene Zeugen.

Vor allem bei der SPD keine Gewinner

Im Nachgang der Pressekonferenz bleibt der Eindruck, dass es in der Geschichte vor allem bei den Sozialdemokraten keine Gewinner geben kann. Allein der Auftritt in der Bundespressekonferenz noch vor der Sitzung des Untersuchungsausschusses ist kein gutes Zeichen von Edathy an seine einstigen Kollegen im Bundestag.

Und sollten sich die Darstellungen Edathys als wahr herausstellen, dürfte zumindest der wegen nachgewiesenem Drogenkonsum ohnehin politisch angeschlagene Hartmann seinen Schreibtisch räumen müssen. Ob jedoch Oppermann auch über die Affäre stolpern wird, ist ungewiss. Weder die SPD noch der Koalitionspartner Union kann ein Interesse an einem Rücktritt Oppermanns haben. Denn mit Blick auf den Wahlkampf 2017 dürfte der Union ein durch die Affäre angeschlagener Oppermann lieber sein als ein anderer, starker Kandidat.

Laute Forderungen nach personellen Konsequenzen Oppermanns sind aus diesen Reihen jedenfalls vorerst nicht zu erwarten — es sei denn, die Beweislast gegen Oppermann wird erdrückend. Besonders spannend dürfte daher der für den Nachmittag erwartete Auftritt von Hartmann im Untersuchungsausschuss werden. Auch weil Edathy dem Ausschuss zuvor noch die gesamte elektronische Kommunikation von damals zwischen Hartmann und ihm offenlegen will.

(jd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort