Sebnitz Demonstranten beschimpfen Bundespräsident Gauck massiv

Sebnitz · Eine aggressive Menschenmenge hat Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Besuch im ostsächsischen Sebnitz heftig beschimpft. Das Staatsoberhaupt wurde am Sonntag mit aggressiven Sprechchören wie "Hau ab" und "Volksverräter" in der Stadt empfangen.

 Beim Besuch in Bonn Mitte Juni 2016 wird Gauck noch freundlich empfangen.

Beim Besuch in Bonn Mitte Juni 2016 wird Gauck noch freundlich empfangen.

Foto: dpa, bt lre ve

Einige Demonstranten zeigten den Mittelfinger oder trugen Fahnen mit der Aufschrift "Das Pack grüßt Gauck". Der Bundespräsident hatte Sebnitz wegen des 116. Deutschen Wandertages besucht. Augenzeugenberichten zufolge soll es zwischen den Anhängern und Gegnern von Gauck zu tumultartigen Szenen gekommen sein.

Bereits im März war Gauck bei einem Besuch im sächsischen Bautzen beschimpft und beleidigt worden. Damals hatte er mit Bürgern über die Flüchtlingskrise diskutiert. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) haben bereits in Sachsen ähnliche Fälle von aggressiver Stimmung erlebt.

In der Sächsischen Schweiz hatten laut Polizei am Sonntag etwa 30 Menschen den Präsidenten "verbal attackiert". Eine Person sei in Gewahrsam genommen worden und habe Widerstand geleistet. Bei den Tumulten wurde nach Polizeiangaben Reizgas eingesetzt. Ein Passant musste behandelt werden. 250 Menschen hätten auf dem Wanderfest friedlich gefeiert.

Gauck versuchte, sich bei seinem Besuch nicht von der aggressiven Stimmung beirren zu lassen. Mit dabei waren auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt.

Eine Sprecherin Gaucks bestätigte, dass es sehr heftige verbale Angriffe auf den Präsidenten gegeben habe. "Das war nicht schön." Es habe aber auch Beifall gegeben. Gauck habe es zur Kenntnis genommen und freundlichen Menschen die Hand gereicht.

Maas verstört

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die Verbalattacken auf Gauck in Sachsen als "erschreckend und verstörend" bezeichnet. "Wer so agiert wie die Störer von Sebnitz und anderswo, hat jegliches Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung verloren", sagte Maas am Sonntag in Berlin. "Da geht es nur noch um gezielte Provokation und persönlichen Frustabbau." Klar sei: Wer dabei die strafrechtlichen Grenzen der Meinungsfreiheit überschreite, müsse mit entsprechenden Konsequenzen rechnen.

"Wie dürfen nicht zulassen, dass eine radikale Minderheit die Deutungshoheit über unser gesellschaftliches Klima bekommt", forderte Maas. "Das ist eine Aufgabe für alle gesellschaftlichen Kräfte. Auch die bislang schweigende Mehrheit unserer Bevölkerung ist gefordert, die Gardine zurückzuziehen und den Schreiern auf den Marktplätzen zuzurufen: So nicht!"

Maas hatte bei einem Besuch in Sachsen ebenfalls eine aggressive Stimmung erlebt.

(felt/dpa)
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