Streit um das Betreuungsgeld Seehofer droht mit Ende der Koalition

Düsseldorf · CSU-Chef Horst Seehofer sieht beim Streit um das Betreuungsgeld die Regierungskoalition in Gefahr. "Das Betreuungsgeld wird und muss kommen", sagte der bayerische Ministerpräsident der "Wirtschaftswoche".

Der CSU-Parteitag - Seehofer und Ramsauer als Sieger
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"Eine Regierung, die ihre eigenen Beschlüsse nicht umsetzt, braucht man nicht." Sollte das Betreuungsgeld nicht zustande kommen, wäre dies "mehr als ein Scheitern dieses Projektes", warnte Seehofer.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) pochte auf die Einhaltung der im Koalitionsvertrag beschlossenen Hilfe für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen. "Das Betreuungsgeld ist ein wesentlicher Teil einer christlich orientierten Familienpolitik, deshalb ist es für die CSU nicht verhandelbar", betonte er in der "Bild am Sonntag".

Sorge vor Kettenreaktion

Laut Seehofer wäre es bei einem Scheitern des Betreuungsgeldes nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Vereinbarung wackelt. "Und dann ist es nicht mehr weit bis zu dem Punkt, dass in der Koalition gar nichts mehr durchgesetzt wird."

Dann seien auch die anderen Bestandteile des Koalitionskompromisses vom November - die Steuerentlastung, die Reform von Pflegeversicherung und Zuwanderungsrecht sowie Verkehrsinvestitionen gefährdet.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sucht in dem Streit zu beschwichtigen. "Wir sind koalitionstreu und halten Vereinbarungen ein", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag). Für berechtigt halte er aber Fragen nach Fehlanreizen. Auch wenn bei den allermeisten Familien keine Nachteile zu befürchten seien, wenn sie Kleinkinder zu Hause betreuten, bereite eine "kleine Minderheit überforderter Eltern" Sorgen. Diese Probleme sollten "im Gesetzgebungsverfahren" beantwortet werden, sagte Gröhe.

Deutliche Kritik an dem Vorhaben kam hingegen vom stellvertretenden CDU-Vorsitzenden in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Eine neue Sozialleistung zu erfinden, sei nicht richtig, vor allem wenn sie falsche Anreize setze, sagte er dem Magazin "Focus". "Es ist nicht demografietauglich, für zwei Milliarden Euro jährlich Schulden aufzunehmen", erklärte Laschet. Im Schattenkabinett von Norbert Röttgen (CDU) ist Laschet als Innenminister vorgesehen.

Die Kritiker mahnten Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) im Deutschlandfunk zur Mäßigung. Das Betreuungsgeld sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden; daher könne man nicht zwei Jahre später so tun, als sei damals "kompletter Blödsinn" vereinbart worden. Es gehe um "ein positives Signal an Familien". Die öffentliche Debatte habe einen "Klang bekommen, der irgendwie zu tun hat damit, ob man Eltern trauen kann oder misstrauen sollte". Das schade der Diskussion.

"Betreuungsgeld ist bildungspolitisch falsch"

Derweil kündigte die SPD an, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht prüfen zu wollen, falls Schwarz-Gelb einen Gesetzentwurf für das Betreuungsgeld vorlege. Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte der "Bild am Sonntag": "Das Betreuungsgeld ist bildungspolitisch falsch und verfassungsrechtlich fragwürdig."

Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bezweifelte, dass das Betreuungsgeld verfassungsrechtlich Bestand habe. Die Bundesregierung solle nicht riskieren, vor dem Bundesverfassungsgericht zu scheitern, sagte sie der Zeitung "Die Welt". Diese Bedenken wies Bundesfamilienministerin Kristina Schröder jedoch zurück. Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium erhielten den Entwurf, bevor er zum Gesetz werde, sagte sie der "Welt" (Montag). "Und die beurteilen dann die Verfassungsmäßigkeit."

Das Betreuungsgeld ist für Eltern vorgesehen, die ihre Kleinkinder selbst zu Hause betreuen oder dies privat organisieren wollen. Die von der CSU geforderte Leistung ist bei der FDP schon länger umstritten, inzwischen drohten aber auch mehrere Unionsabgeordnete mit einem Nein. Allerdings machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klar, dass sie die umstrittene Leistung auch gegen den Widerstand in der eigenen Partei durchsetzen wolle.

Laut Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung sollen Familien für Kinder im zweiten Lebensjahr ab dem kommenden Jahr 100 Euro im Monat und ab 2014 für Zwei- und Dreijährige 150 Euro bekommen, wenn diese zu Hause betreut werden.

(AFP/KNA)
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