Wildbad Kreuth Seehofer sieht sein Verhältnis zu Merkel "angeknackst"

Wildbad Kreuth · Das Verhältnis von Merkel und Seehofer leidet: Nach dem Besuch der Bundeskanzlerin bei der CSU in Wildbad Kreuth sind die beiderseitigen Differenzen in der Flüchtlingspolitik noch deutlicher geworden.

 Horst Seehofer in Kreuth.

Horst Seehofer in Kreuth.

Foto: dpa, shp jhe sja

CSU-Chef Horst Seehofer sagte zum Abschluss der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion, die große Koalition sei "durchaus in einer ernsten Lage". Seine Verhältnis zu Merkel bezeichnete er als "angeknackst".

Die Tatsache, dass es zu einem historischen Thema einen signifikanten Meinungsunterschied gebe, wirke sich zwangsläufig auf die Arbeit der Bundesregierung aus, sagte Seehofer vor Journalisten. Er fühle sich derzeit durch die Flüchtlingskrise "ungeheuer belastet", sagte der bayerische Regierungschef in Wildbad Kreuth, wo Merkel am Mittwoch ihre Flüchtlingspolitik verteidigt hatte, die bei der CSU inzwischen auf offene Ablehnung stößt.

Seehofer sagte, die CSU werde die von Merkel abgelehnte Obergrenze für die Zuwanderung von Flüchtlingen weiter "massiv einfordern". "Wir dringen darauf, dass die schweren Fehler, die in Berlin gemacht werden, abgestellt werden."

Zu diesen Fehlern zählte Seehofer, dass der Bund bislang nicht das Angebot Bayerns akzeptiere, bayerische Landespolizei bei der Grenzsicherung zu Österreich mit einzusetzen. Auch die nicht ausreichende Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sei ein schwerer Fehler.

Seine über Jahre hinweg vertrauensvolle Beziehung zu Merkel sei "jetzt etwas angeknackst", fügte Seehofer in einem Interview mit dem Sender n-tv hinzu. Für ihn sei es "eine tiefe Enttäuschung", dass die Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik gegen den Willen der CSU ihrem Kurs treu bleibe.

Der Zeitpunkt sei "nicht mehr allzu fern", an dem sich die CSU zu einem noch massiveren Gegenkurs veranlasst sehe, sagte Seehofer voraus. Das heiße, dass "wir uns weitere Maßnahmen überlegen müssen, das meine ich sehr ernst".

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) wertete Merkels Besuch in Wildbad Kreuth als einen "Tag der verpassten Chancen". "Die Bundeskanzlerin hätte einerseits die Gelegenheit nutzen können, die Schwesterparteien wieder zu einen und für eine gemeinsame Linie in der Flüchtlingspolitik zu sorgen", sagte er "Spiegel Online". "Außerdem wäre es die Chance gewesen, den Schulterschluss mit Österreich zu üben, nachdem Wien die Einführung einer Obergrenze für Flüchtlinge angekündigt hatte. Beides ist leider nicht geschehen."

(AFP)
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