50. Todestag von Konrad Adenauer Sein Leben, seine Leistung

Berlin · Konrad Adenauer vollendete die faszinierendste Alterskarriere der Geschichte. Noch im hohen Alter schuf er eine politisch stabile und demokratische Republik.

Konrad Adenauer - Sein politisches Wirken in Bildern
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Als junger Jurist wollte Konrad Adenauer Notar in der Eifel werden. Gut für uns Deutsche, dass das Schicksal anderes, Größeres mit ihm vorhatte. Es gehört zur List der Geschichte, dass 1949 in Bonn an der Wiege der Bundesrepublik ein alter Herr von 73 Jahren stand. Und wie dieser Erzvater des Neubeginns das "Kind" großzog und es, als es 14 war, als properen Teenager in die Obhut Jüngerer gab, das nötigte den Menschen in der Welt bei aller Kritik am Patriarchen Respekt ab.

Schon bevor der nach seinem beschaulichen Wohnort im Siebengebirge bei Bonn benannte "Alte von Rhöndorf" vor 50 Jahren für immer die Augen schloss ("Do jitt et nix zo kriesche", sollen seine letzten Worte gewesen sein: "Da gibt es nichts zu heulen"), war Adenauer zur Legende geworden. Zeitweise hartnäckige innenpolitische Gegner wie die herausragenden Publizisten Rudolf Augstein und Sebastian Haffner revidierten ihr Urteil über den schlauen Rheinländer und Kölner Bürgersohn und billigten ihm historisches Format zu. Haffner, ein deutsch-britischer Gesinnungspreuße, prägte für den ersten Bundeskanzler den Begriff "Wundergreis", und der nationalliberale "Spiegel"-Herausgeber Augstein machte seinen Frieden mit Adenauers beharrlicher Außenpolitik der strikten Westbindung plus Einbettung der Bonner Republik in das damals französisch dominierte Westeuropa.

Von der Geschichte bestätigt

Heute kann man sagen, dass kaum ein Politiker der Neuzeit in seinem zu Lebzeiten oft als stur kritisierten außenpolitischen Kurs von der Geschichte so bestätigt wurde wie Adenauer. Er widerstand allen Verlockungen, etwa die Wiedervereinigung zum Preis der Neutralisierung Deutschlands zu verwirklichen. Er wählte den Westen und die Freiheit; die Wiedervereinigung kam gerade deshalb 1990 zustande.

Woran sich viele heute kaum noch erinnern: Konrad Adenauer war vom 15. September 1949 bis zu seinem widerstrebenden Abtritt vom wichtigsten politischen Amt am 15. Oktober 1963 nicht nur Kanzler; von 1951 bis zur wiedererlangten Souveränität des Weststaates 1955 war Adenauer zugleich Außenminister. Und wie selbstverständlich prägte er als Vorsitzender seine Partei, die Nachkriegsgründung CDU. Dass man sie süffisant als "Kanzlerwahlverein" verspottete, war Folge der jahrelang unumstrittenen Autorität Adenauers in der Union.

Ein Ruf wie Donnerhall

Bereits als Oberbürgermeister seiner Geburtsstadt Köln genoss Adenauer einen Ruf wie Donnerhall weit über sein geliebtes Rheinland hinaus. 1926 wäre der Kölner OB beinahe Reichskanzler geworden. Er lehnte das Amt auch deshalb ab, weil er schon nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 die Bindung Deutschlands an den Westen, besonders an Frankreich, wollte und eben keine Schaukelpolitik zwischen West und Ost.

Als Bundeskanzler gelang es ihm, seine Vorstellung von Westdeutschlands Platz unter den Völkern zu verwirklichen: Gründung der Bundeswehr, Beitritt zum westlichen Militärbündnis Nato, Gründungsmitgliedschaft in der EWG, wie die EU zu Anfang hieß, Aussöhnung mit dem einstigen "Erzfeind" Frankreich. 1963, im Jahr seiner Demission, krönte der Bundeskanzler als 87-Jähriger sein politisches Lebenswerk mit der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftspakts. In Adenauers Kanzlerjahren war es dem aus moralischen und baulichen Trümmern auferstandenen deutschen Teilstaat gelungen, im Kreis der Völker wieder beachtet und geachtet zu werden.

Adenauers innenpolitischer Gegner, die SPD, bekämpfte im ersten Jahrzehnt Westbindung, Wiederbewaffnung und ein weiteres Projekt, das mit Adenauers populärem Wirtschaftsminister Ludwig Erhard verbunden bleibt: die soziale Marktwirtschaft. 1959/60 vollzog die Sozialdemokratie ihre Kehrtwende, die ihr 1966, ein Jahr vor Adenauers Tod, erstmals seit 1949 die Regierungsbeteiligung in einer Koalition mit CDU und CSU ermöglichte.

Homo politicus maximus

Sosehr die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als Adenauer-Jahrzehnt begriffen werden, so unerbittlich schlug diesem Homo politicus maximus die Stunde seiner späten Jahre. 1955 hatte er im Zuge eines diplomatischen Meisterstücks Tausenden noch in sowjetischen Lagern festgehaltenen deutschen Kriegsgefangenen die Rückkehr in die Heimat erstritten. 1957 folgte ein fulminanter Sieg bei der Bundestagswahl, der zum einzigen Mal in der Geschichte der Bundesrepublik einer Partei die absolute Mehrheit brachte. Doch die Erfahrung Winston Churchills bei seiner Abwahl 1945 ("Undankbarkeit gegenüber ihren großen Führern ist ein Zeichen selbstbewusster Völker") machte auch der in seinen letzten Lebensjahren oft verbittert wirkende "Alte von Rhöndorf".

Sorge vor Ludwig Erhard

Die kürzlich erschienenen Tagebuchnotizen seines Sohnes Paul beschreiben die Sorge des Vaters, seine Nachfolger, vor allem der von ihm als außenpolitischer Amateur verachtete Ludwig Erhard, könnten das Aussöhnungswerk mit Frankreich und das Projekt Europa gefährden. Der Gründungsvater sah überall Risse im westdeutschen und europäischen Haus; und er fürchtete, dass sich die USA zulasten Westdeutschlands mit der Sowjetunion verständigten. Über Widerstände etwa der Niederländer gegen französisch-deutsche Einigungsschritte habe er schroff geurteilt: Dann müsse man vielleicht ohne sie weitergehen.

Adenauer war ein früher Anwalt des heute wieder aktuellen Europas unterschiedlicher Geschwindigkeiten. Auch Adenauers Sicht auf London war brillant: Die Briten dächten nicht daran, sich Europa einzugliedern, weil ihr Parlament die letzte Souveränität für das demokratische Denken des Landes sei; eine übernationale Autorität sei den Briten unvorstellbar. Der Wundergreis war auch ein politischer Seher.

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(mc)
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