Besuch in NRW Gabriel sieht Flüchtlinge als Chance gegen Fachkräftemangel

Düsseldorf · Flüchtlinge werden häufig als Problem wahrgenommen - der Bundeswirtschaftsminister begreift sie hingegen als Chance gegen Fachkräftemangel. Gabriel mahnt aber auch soziale Balance an: Bezahlbare Wohnungen darf es nicht nur für Flüchtlinge geben.

 Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnet die Flüchtlingsproblematik als "größere Herausforderung als die Griechenlandkrise oder Schwierigkeiten beim Euro".

Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnet die Flüchtlingsproblematik als "größere Herausforderung als die Griechenlandkrise oder Schwierigkeiten beim Euro".

Foto: dpa, ve axs

Die große Zuwanderung von Flüchtlingen kann Deutschland aus Sicht von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) helfen, den absehbaren Fachkräftemangel zu schließen. Voraussetzung sei aber ein Einwanderungsgesetz, das mutig definiere, was der Wirtschaftsstandort in den nächsten zehn Jahren brauche.

"Die Union drückt sich davor", kritisierte Gabriel am Dienstag bei einem Wirtschaftsforum der nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsfraktion in Düsseldorf. Flüchtlingen, die ihre Ausbildung erfolgreich beenden, müsse der Aufenthalt in Deutschland auch darüber hinaus ermöglicht werden.

Zur Wahrheit gehöre aber ebenso, dass viele Flüchtlinge Analphabeten, ohne Berufsausbildung und aus Regionen seien, die deutsche Arbeitskultur nicht kennen. Deshalb sei es unerlässlich, frühzeitig in Sprache und Weiterbildung zu investieren. Gabriel bezeichnete die Bewältigung der Flüchtlingsproblematik als "größere Herausforderung als die Griechenlandkrise oder Schwierigkeiten beim Euro".

Er bekräftigte die Absicht der Sozialdemokraten, die Kommunen mit Bundesmitteln drastisch zu entlasten. Entsprechende Forderungen für das Treffen der Koalitionsspitzen an diesem Sonntag sowie für den Bund-Länder-Gipfel am 24. September hatten Parteivorstand und Präsidium am Montag beschlossen.

Kommunalpolitiker dürften nicht in die Lage manövriert werden, den Verzicht auf die Sanierung einer Schule mit dem Bau von Flüchtlingsheimen begründen zu müssen, warnte Gabriel. "Diese Art sozialer Spannungen müssen wir uns ersparen."

Die anstehenden Investitionen für Flüchtlinge kämen auch anderen Bedürftigen zugute, versicherte der Minister. Bezahlbarer Wohnraum müsse nun für alle gebaut werden, die ihn brauchen, nicht nur für Flüchtlinge.

Gabriel forderte mehr Mittel für regionale Strukturpolitik. "Die Unterschiede zwischen den Regionen in Deutschland werden wieder größer." Jetzt brauche vor allem der Westen mehr Geld. "Das bedeutet nicht automatisch weniger für den Osten."

Den Kommunen seien in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Aufgaben aufgebürdet worden, ohne sie mit den nötigen Mitteln auszustatten, kritisierte der Minister. Dadurch seien die kommunalen Investitionen kontinuierlich geschrumpft - mit gefährlichen Folgen.

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"Verwahrloste Städte und Gemeinden produzieren verwahrloste Köpfe und Seelen", warnte Gabriel. "Menschen brauchen auch in Zeiten der Globalisierung Heimat - und zwar eine, in der sie sich wohlfühlen."

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unterstrich die Bedeutung der Digitalisierung für Wirtschaft und Wohlstand. "Nur wenn wir konsequent auf Digitalisierung setzen, kann Deutschland ein starkes Industrieland sein." Entscheidend sei dabei die Rolle des führenden Industrie- und Energielands NRW.

Die rot-grüne Landesregierung werde sich vordringlich um die flächendeckende Versorgung des Landes mit schnellem Internet bis 2018 und um die Förderung junger Gründer kümmern, bekräftigte die Ministerpräsidentin.

"Keine gute Gründungsidee soll mehr in Nordrhein-Westfalen am Geld scheitern." Gabriel regte an, solche Vorhaben auch durch schnelles kostenloses Internet in sozialen Brennpunkten zu unterstützen.

(lnw)
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