Letzte Rede als Wirtschaftminister Gabriel warnt vor Zufriedenheit und will diplomatischer werden

Berlin · Der scheidende Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel warnt in seiner letzten Rede angesichts guter Konjunktur- und Beschäftigungszahlen vor Selbstzufriedenheit. Als Außenminister will er diplomatischer werden.

 Sigmar Gabriel hat seine letzte Rede als Wirtschaftsminister gehalten.

Sigmar Gabriel hat seine letzte Rede als Wirtschaftsminister gehalten.

Foto: dpa, Uwe Zucchi

In seiner letzten Rede als Wirtschaftsminister warnte Sigmar Gabriel (SPD) vor Selbstzufriedenheit. Es falle ihm schwer, angesichts guter Konjunktur- und Beschäftigungszahlen zu jubilieren, wie es in einem Wahljahr normalerweise der Fall sei, sagte Gabriel bei einer Regierungserklärung im Bundestag zur Wirtschaftsentwicklung. Es sei klar, dass das nicht zwangsläufig so bleibe. "Und wir wissen ganz genau, dass nicht alle Menschen in Deutschland davon profitieren. Gott sei Dank endlich mehr, aber bei weitem nicht alle."

In ihrem aktuellen Jahreswirtschaftsbericht sagt die Bundesregierung für dieses Jahr einen Jobrekord voraus. Die Zahl der Erwerbstätigen werde sich nochmals um 320 000 auf mehr als 43,8 Millionen Menschen erhöhen. Die deutsche Wirtschaft werde 2017 um 1,4 Prozent zulegen.

Der designierte Außenminister warnte zugleich vor dem Vormarsch autoritärer Antworten, liberale und soziale Demokratien seien auf dem Rückmarsch. "Die Europafeindlichkeit hat ein gefährliches Ausmaß angenommen." Sollten bei den Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich den Europafeinden nach dem Brexit weitere Erfolge gelingen, "droht uns wirklich das Auseinanderfallen des größten Zivilisationsprojektes des 20. Jahrhunderts - nämlich der Europäischen Union." Deutschland wäre dann isoliert und würde weitere Partner verlieren: "Man kann die Lage gar nicht dramatisch genug empfinden." Die Demokratiefeindlichkeit sei zurückgekehrt.

Die Vorlage des Jahreswirtschaftsberichtes ist Gabriels letzter größerer Termin als Wirtschaftsminister. Nach seinem Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur und den SPD-Vorsitz will Gabriel bis zur Bundestagswahl als Außenminister im schwarz-roten Kabinett weitermachen. Der SPD-Vorsitzende lobte in seiner Rede die oft mit Humor geführten Debatten zu seinem Ressort und fügte mit Blick auf seinen neuen Job hinzu: "Im zukünftigen Amt darf ich das ja nicht mehr so, hat mir der Steinmeier gesagt. Da muss ich diplomatischer werden."

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zollte Gabriel Respekt für seinen Schritt. "Das kann ihnen nicht ganz leicht gefallen sein", sagte er an die Adresse des SPD-Vorsitzenden. "Und weil diese Entscheidung einige Kritik und manche Häme nach sich gezogen hat, will ich ihnen ausdrücklich zu der Souveränität gratulieren, mit der Sie sie getroffen haben." Gabriel zeigte sich "berührt" von Lammerts Worten und betonte: "Manchmal ist man irritiert, wieviele Leute klatschen, wenn man zurücktritt."

Gabriel will am Freitag die Nachfolge von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) antreten, der am 12. Februar zum neuen Bundespräsidenten gewählt werden soll. Den SPD-Vorsitz will er abgeben. Diesen Posten soll der frühere EU-Parlamentspräsident Martin Schulz übernehmen, der auch SPD-Kanzlerkandidat werden soll. Das Wirtschaftsressort soll künftig die einstige Justizministerin und aktuelle Staatssekretätin im bundeswirtschaftsministerium, Brigitte Zypries (SPD), führen.

(maxk/AFP/dpa)
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