Koalitionsstreit um Transitzonen "Nur, damit Horst Seehofer wieder lieb ist"

Berlin · Im Koalitionsstreit über die Einführung von Transitzonen zur Begrenzung der Flüchtlingsströme ist keine Annäherung in Sicht. CDU und CSU sind sich bei dem Vorschlag einig, die SPD ist dagegen. "Ich mache sinnvolle Maßnahmen mit, aber nicht solche, damit Horst Seehofer wieder lieb ist", lautet der Kommentar von Sigmar Gabriel.

In der Frage nach der Einführung von Transitzonen steht Angela Merkel (CDU) zwischen Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD). Bislang hält sie zu Seehofer (Archivbild).

In der Frage nach der Einführung von Transitzonen steht Angela Merkel (CDU) zwischen Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD). Bislang hält sie zu Seehofer (Archivbild).

Foto: dpa, bvj lof fdt

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte am Dienstag, große Einrichtungen mit "Haftanstalten für Tausende von Flüchtlingen" seien mit der SPD nicht zu machen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder forderte die SPD auf, dem Plan der Union zuzustimmen. "Ich gehe mal davon aus, dass die SPD weiß, dass man nicht Opposition und Regierung zugleich sein kann." Ein Koalitionspartner müsse handeln und nicht nur reden. Die Fraktionen von Union und SPD billigten ohne Gegenstimme das Asyl-Paket, das der Bundestag am Donnerstag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise verabschieden soll.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer hatten sich auf die Transitzonen verständigt. Dort soll für bestimmte Gruppen von Flüchtlingen bereits an der Grenze über die Einreise entschieden werden. So lange müssen sie sich im Transitbereich aufhalten. In der Unions-Fraktionssitzung sprach sich Merkel für solche Transitzentren an der deutschen Grenze aus.

Gleichzeitig lehnte sie die von mehreren Unions-Abgeordneten geforderte Zurückweisung der Flüchtlinge aus Österreich aber entschieden ab. Wenn Deutschland als größtes EU-Land damit beginne, habe dies verheerende Folgen für alle Länder auf der Balkan-Route, warnte Merkel nach Angaben von Teilnehmern. Auch Österreich und Ungarn müssten dann Flüchtlinge zurückweisen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte die Transitzonen-Pläne scharf. Das Vorhaben verfolge das einzige Ziel, wieder Frieden zwischen CDU und CSU zu schaffen, sagte der Vizekanzler in der SPD-Fraktion. Der Bundeskanzlerin habe er gesagt: "Ich mache sinnvolle Maßnahmen mit, aber nicht solche, damit Horst Seehofer wieder lieb ist." Seehofer verwies darauf, dass die Europäische Union in ihrer Richtlinie die Einrichtung von Transitzonen vorsehe. Die SPD müsse ihrer Haltung der Bevölkerung erklären, die fast zu 100 Prozent für diese Maßnahme sei. Ein Sprecher EU-Kommission machte allerdings deutlich, Transitzonen an den Binnengrenzen könnten nur "eine außerordentliche Maßnahme für einen begrenzten Zeitraum" sein.

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Sie müssten aber mit Grenzkontrollen einhergehen, nur befristet möglich seien. Das Konzept mache Sinn an Flughäfen sowie an EU-Außengrenzen. Justizminister Heiko Maas hatte gesagt, dem Konzept fehle die rechtliche Grundlage in Europa.

Die SPD bot der Union Gespräche über Alternativen an. Seine Partei sei bereit darüber zu sprechen, wie mehr Ordnung in die Einreise von Flüchtlingen gebracht werden könne, sagte Oppermann. So müsse es ein Verfahren an der Grenze geben, wo Flüchtlinge ordnungsgemäß registriert würden.

Die seit dem 13. September geltenden vorübergehenden Grenzkontrollen wurden derweil erneut um 20 Tage bis zum 31. Oktober verlängert. Solche Kontrollen sind nur maximal zwei Monate möglich. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex sind in diesem Jahr bisher 710.000 Migranten und Flüchtlinge irregulär in die EU eingereist, mehr als doppelt so viele wie im gesamten Vorjahr.

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(REU)
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