NSA-Affäre Sonderermittler soll sich US-Spählisten ansehen

Berlin · Das Bundeskabinett erwägt einem Medienbericht zufolge, einen ehemaligen Spitzenpolitiker der Grünen als Ermittlungsbeauftragten in der NSA-Affäre einzusetzen. Dieser solle Einblick in die US-Selektorenlisten erhalten, mit denen auf Betreiben der NSA in Europa Spionage betrieben wurde.

Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen
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Foto: dpa, sja fdt

Das berichtet die "Leipziger Volkszeitung" in ihrer Mittwochausgabe. Der Vorschlag stößt im Bundestag auf Widerstand. "Ich halte davon gar nichts, und zwar völlig unabhängig von der Person", sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz am Dienstag zu "Spiegel Online". Auch bei der SPD gab es Skepsis. Zuvor war berichtet worden, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) berieten über einen solchen Ermittler.

"Das Parlament muss die Listen in den zuständigen Gremien, also im Untersuchungsausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium sehen", sagte von Notz. Er gehe davon aus, dass ein Sonderermittler dem Kontrollgremium und dem Untersuchungsausschuss umfassend berichten würde und den Mitgliedern der Gremien auch Details der Liste offen legen würde, sagte der SPD-Abgeordnete Burkhard Lischka. "Sonst macht das wenig Sinn."

Wer hört wen ab - und was man dagegen tun kann
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Foto: dpa, Jens Büttner

Favorit für den Posten des Sonderermittlers sei der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Berliner Justizsenator Wolfgang Wieland. Zuvor hatten die Dortmunder "Ruhr Nachrichten" berichtet, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Sigmar Gabriel wollten noch am Dienstag über den Ermittlungsbeauftragten beraten.

Unterdessen bekannte sich Merkel ungeachtet der jüngsten Querelen zur Koalition mit der SPD. Sie sehe die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit als gegeben an, sagte sie vor Journalisten in Berlin. Zuvor hatten Unionspolitiker die Sozialdemokraten vor einem Koalitionsbruch gewarnt.

"Wenn die SPD bei ihren Umfragewerten auf Neuwahlen hinarbeiten möchte, kann ich nur viel Glück wünschen", sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) der "Bild" vom Dienstag. Die SPD solle angesichts ihres Umfragetiefs lieber keine Attacken reiten, sagte auch Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). An einer Diskussion über Neuwahlen wolle er sich aber nicht beteiligen, sagte er mit Blick auf die Äußerung von Fuchs.

So späht die NSA PCs ohne Internetzugang aus
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Foto: dpa, Jim Lo Scalzo

Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach sich gegen eine Aufkündigung der großen Koalition und mögliche Neuwahlen aus. "Wenn man unterschiedlicher Meinung ist, trennt man sich nicht gleich", sagte sie vor Journalisten. "Das trägt man aus." Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sprach von "schwierigen Tagen" in der Koalition und kündigte Beratungen über eine bessere Geheimdienstkontrolle für die Zeit nach Pfingsten an.

In der BND-Affäre wird kontrovers diskutiert, ob die Selektorenlisten der NSA, mit denen in Europa spioniert wurde, auch gegen den Willen der USA herausgeben werden sollen. Dies hatte zu Verstimmungen in der Koalition geführt.

Die Chronologie des Falles "Edward Snowden"
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Der NSA-Untersuchungsausschuss wird auf einer Sondersitzung am Mittwoch mehrere BND-Mitarbeiter befragen, bevor am Donnerstag BND-Präsident Gerhard Schindler dem Ausschuss Rede und Antwort stehen wird.

(AFP)
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