Sozialpolitik Gabriel will Kindergeld für EU-Ausländer kürzen

Berlin · SPD-Chef Sigmar Gabriel will das Kindergeld für EU-Ausländer kürzen, wenn deren Familie und der Nachwuchs im Heimatland leben.

Was der Staat für Kinder ausgibt
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Foto: dpa, Arno Burgi

"Wenn ein Kind nicht bei uns lebt, sondern in seinem Heimatland, dann sollte auch das Kindergeld auf dem Niveau des Heimatlandes ausgezahlt werden", sagte der Wirtschaftsminister und Vizekanzler den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er warte seit Monaten darauf, dass der zuständige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen Vorschlag für eine solche Kindergeld-Kürzung nach britischem Vorbild vorlege, fügte Gabriel hinzu.

EU-Ausländer haben für die Dauer ihres Arbeitsaufenthaltes in Deutschland Anspruch auf Kindergeld - auch wenn der Nachwuchs in einem anderen EU-Land lebt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit zahlte Deutschland im November Kindergeld an gut 185.000 im EU-Ausland lebende Kinder, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hatten. Das berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Zahlen der Bundesagentur. Im Dezember 2015 lag demnach die Zahl der Kinder noch bei rund 120.000. Das ist ein Anstieg von 54 Prozent innerhalb von elf Monaten.

Knapp sechs Milliarden Euro fallen an

Von Januar bis Dezember 2016 zahlte Deutschland den Angaben zufolge insgesamt rund 32 Milliarden Euro Kindergeld aus, davon gingen 5,9 Milliarden an im EU-Ausland lebende Kinder ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Am häufigsten hätten Polen, Rumänen, Kroaten und Tschechen Kindergeld aus Deutschland bezogen.

Das Bundesfinanzministerium wies darauf hin, dass die EU-Kommission vergangene Woche eine Initiative vorgelegt habe, nach der das Kindergeld in der EU nicht an das Preisniveau im Aufenthaltsland des Kindes angepasst werden soll. "Wir bedauern diese Entscheidung", sagte ein Sprecher. "Wir prüfen jetzt, welche Möglichkeiten das Europarecht lässt, dennoch zu einer Änderung zu kommen."

Die EU-Kommission hob hervor: "Es ist nicht vorgesehen, die Leistungen für Kinder an einen Index zu binden: Das Land der Erwerbstätigkeit des Elternteils (der Eltern) ist auch weiterhin für die Zahlung der Kinderbeihilfe zuständig und dieser Betrag kann nicht angepasst werden, wenn das Kind woanders lebt. Innerhalb der EU werden weniger als ein Prozent der Leistungen für Kinder von einem Mitgliedstaat in einen anderen exportiert."

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer erklärte: "Seit fast drei Jahren gehört das Thema "kein Kindergeld-Transfer ins EU-Ausland" zu den Kernforderungen der CSU beim Sozialmissbrauch. Wie oft haben wir von Gabriel den Politikstil "große Klappe nix dahinter" erlebt. Scheinbar zum Jahresende beginnt der SPD-Chef schon mal mit guten Vorsätzen. Im neuen Jahr können wir das Thema gleich gemeinsam lösen."

Kritik von den Linken

Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, warf Gabriel dagegen "ein durchsichtiges Manöver zulasten der Kleinsten" vor. "Statt klare Kante gegen den Rechtsruck der Union zu zeigen, begibt sich Sigmar Gabriel mit dieser Forderung auf rechtspopulistisches Terrain", sagte Kipping. "Rassistische Ressentiments zu schüren, ist das Kerngeschäft der AfD (Alternative für Deutschland). Keine demokratische Partei sollte sich auf ein solches Niveau herablassen."

Gabriel argumentierte, Freizügigkeit dürfe nicht missbraucht werden, um in Sozialsysteme einzuwandern. Es gebe in manchen deutschen Großstädten ganze Straßenzüge mit Schrottimmobilien, in denen Migranten nur aus einem Grund wohnten: "Weil sie für ihre Kinder, die gar nicht in Deutschland leben, Kindergeld auf deutschem Niveau beziehen." Dies entspricht der derzeitigen Rechtslage. Gabriel pocht aber auf Korrekturen: "Es gibt in Europa ein Recht auf Zuwanderung in Arbeit, aber kein Recht auf Zuwanderung in Sozialsysteme ohne Arbeit."

(felt/dpa)
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