Staatsaffäre SPD bereitet Ausschluss Sebastian Edathys vor
Berlin · In der Affäre Edathy kommt die große Koalition nicht zur Ruhe. Heute wollen sich die drei Parteichefs treffen und reinen Tisch machen. Derweil deutet SPD-Chef Gabriel einen Parteiausschluss Edathys an.
In der Union wächst die Wut über den sozialdemokratischen Koalitionspartner. Im Mittelpunkt der Kritik steht SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. "Das Verhalten Oppermanns war menschlich unanständig", sagte die saarländische Ministerpräsidentin, CDU-Präsidiumsmitglied Annegret Kramp-Karrenbauer. Oppermann habe gezeigt, dass "das Hohelied der SPD von Solidarität und aufrechter Kameradschaft im Zweifelsfall nur ein Lippenbekenntnis ist".
Die Union ist empört, dass der SPD-Fraktionschef den Rücktritt von Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ausgelöst hatte. Oppermann hatte öffentlich gemacht, dass der damalige Innenminister Friedrich ihn im Oktober 2013 über mögliche Ermittlungen gegen den SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy informiert hatte. Der war ins Visier der Justiz geraten, weil er auf der Kundenliste eines kanadischen Kinderporno-Händlerrings stand.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich inzwischen klar von Edathy distanziert. Unabhängig von der strafrechtlichen Relevanz, so Gabriel, seien Präsidium und SPD-Parteivorstand "entsetzt und fassungslos" über das Verhalten Edathys. Gabriel betonte: "Sein Handeln ist unvereinbar mit der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und passt nicht zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Der Erwerb der Fotos hat für Edathy erste Konsequenzen in seiner Partei: Es wurde das Ruhen aller Mitgliedsrechte angeordnet. Laut "Spiegel Online" strebt Gabriel ein Parteiordnungsverfahren an, das in einen Parteiausschluss münden könne.
Edathy selbst kämpft um seine juristische Unschuld. Sein Anwalt legte Beschwerde gegen die Justiz in Hannover ein. Der Staatsanwalt habe die Öffentlichkeit "bewusst unrichtig" über die Ermittlungen informiert, heißt es in einem Schreiben des Anwalts. Von den 31 beanstandeten Filmen und Fotosets mit Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen seien 28 nicht als kinder- oder jugendpornografisch eingestuft worden. Zu den übrigen drei gebe es kein Beweismittel.
Edathy hat vergangene Woche seinen dienstlichen Laptop beim Bundestag als gestohlen gemeldet. Das bestätigte Parlamentssprecher Ernst Hebeker. Die Diebstahlsmeldung sei am 12. Februar per Fax bei der Verwaltung eingegangen.
Heute Abend wollen die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Gabriel (SPD) miteinander sprechen. Bislang gilt es als unwahrscheinlich, dass Oppermann der indirekten Aufforderung der Union nach einem Rücktritt nachkommen muss. Gabriel hatte nach eigenen Angaben vor der öffentlichen Erklärung Oppermanns am Mittwochabend vergangener Woche auch mit der Kanzlerin gesprochen.
Auch an der SPD-Basis rumort es wegen der Affäre. Frank Sichau, Vize-Chef des Ortsvereins Wanne (Herne), erklärte, es sei ein Fehler gewesen, dass Oppermann sich öffentlich zur Rolle von Friedrich geäußert habe. Unterdessen mehren sich die Stimmen, die eine Gesetzesverschärfung beim Schutz von Kindern vor der Beteiligung an Pornografie fordern. Die Regierung erwägt ein Verbot käuflicher Nacktfotos von Kindern. "Zumindest die gewerbliche Verbreitung sollte verboten werden", sagte Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU). Denn auch "bloße" Nacktaufnahmen könnten Kinderseelen verletzen, besonders, wenn sie weltweit verbreitet würden.