Bevorzugung von Privatpatienten SPD droht Ärzten mit drakonischen Strafen

Düsseldorf (RPO). Ärzte, die Privatpatienten bevorzugen, sollen nach dem Willen der SPD bestraft werden. Wie eine Zeitung unter Berufung auf einen Gesetzentwurf berichtet, droht die SPD Medizinern mit Geldbußen bis zu 25.000 Euro. Sogar ein Entzug der Zulassung ist im Gespräch. Künftig soll nur die Krankheit entscheidend sein, wann und wie ein Patient behandelt wird. Die Ärzte reagieren empört – und sprechen von Planwirtschaft.

Bevorzugung von Privatpatienten: SPD droht Ärzten mit drakonischen Strafen
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Düsseldorf (RPO). Ärzte, die Privatpatienten bevorzugen, sollen nach dem Willen der SPD bestraft werden. Wie eine Zeitung unter Berufung auf einen Gesetzentwurf berichtet, droht die SPD Medizinern mit Geldbußen bis zu 25.000 Euro. Sogar ein Entzug der Zulassung ist im Gespräch. Künftig soll nur die Krankheit entscheidend sein, wann und wie ein Patient behandelt wird. Die Ärzte reagieren empört — und sprechen von Planwirtschaft.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, hat die Fraktion der SPD einen Gesetzentwurf erarbeitet, der sich gegen niedergelassene Ärzte richtet: Diejenigen, die Kassenpatienten zu lange auf einen Behandlungstermin warten lassen, weil sie erst privat Versicherte behandeln, sollen Strafe zahlen. Die Sozialdemokraten sprechen sich demnach für Geldbußen von bis zu 25.000 Euro aus. Als Sanktion werde auch ein Entzug der Zulassung von bis zu zwei Jahren angedroht.

Die SPD macht sich damit ein Thema zu Eigen, das in zuverlässiger Regelmäßigkeit für Aufregung unter der Bevölkerung sorgt. 70 Millionen von ihnen sind gesetzlich krankenversichert, zehn Millionen hingegen privat. Diese Minderheit muss zwar seit Anfang 2011 deutlich tiefer in die Tasche langen, bekommt dafür aber in der Regel einen besseren Service. Oftmals verläuft die Vergabe von Terminen bei Fachärzten reibungsloser und auch die Wartezeiten fallen deutlich geringer aus.

Ärzte verdienen mit Privat-Versicherten doppelt so viel

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Ärzte können für die Behandlung von Privatpatienten deutlich höhere Honorare verlangen — im Schnitt sogar doppelt so viel wir für die gleiche medizinische Versorgung eines gesetzlich Versicherten. Die Anreize einen solchen Patienten zu bevorzugen, sind entsprechend groß, insbesondere dann, wenn sich eine Praxis andernfalls kaum über Wasser halten lässt, wie viele Mediziner beklagen. Für Privatpatienten gilt eine andere Gebührenordnung. Und für sie gibt es kein Budget; anders als bei Kassenpatienten bekommen Ärzte alle Leistungen bezahlt.

Dass Privatpatienten bevorzugt werden, ist inzwischen sogar wissenschaftlich belegt. Eine Studie des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie unterzog niedergelassene Ärzte einem Test. Ergebnis: Versicherte gesetzlicher Krankenkassen mussten dreimal länger auf einen Termin warten. "Wir können mit der Studie erstmals wissenschaftlich fundiert zeigen, was bisher nur vermutet werden konnte, von Ärzteseite aber abgestritten wird: dass Kassenpatienten sich bei der Terminvergabe in Facharztpraxen hinten anstellen müssen", hieß es damals seitens der Autoren.

Kassen mit Kontroll-Rechten

"Mit der Tätigkeit als Vertragsarzt ist eine Diskriminierung gesetzlich Krankenversicherter nicht vereinbar", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der "SZ". Mit der Neuregelung sollten niedergelassene Ärzte daher verpflichtet werden, gesetzlich Versicherte vorrangig zu behandeln. "Im Regelfall sind Wartezeiten von mehr als fünf Werktagen als unangemessen anzusehen", heißt es in der SPD-Vorlage.

Ausnahmen gebe es nur, wenn eine bestimmte Untersuchung nicht so häufig angeboten werde und es tatsächlich Kapazitätsprobleme gebe. Die Krankenkassen sollen zusätzliche Rechte erhalten, um Termine für Privatpatienten leichter durchzusetzen. Über Kontroll- und Verwaltungsaufwand schweigt sich die Vorlage offenbar aus.

Geharnischtes Echo aus der Ärzteschaft

Langfristig will die SPD eine einheitliche Behandlung von Patienten, egal ob privat oder gesetzlich versichert. "Wir streben ein einheitliches Honorierungssystem an, in dem Ärzte für jeden Patienten das gleiche bekommen", sagte Lauterbach dem Blatt. Stattdessen soll nach dem Willen der Partei eine Bürgerversicherung her, in die alle ihrem Einkommen entsprechend einzahlen.

Allein die Schwere einer Erkrankung soll Schnelligkeit und Umfang einer Behandlung bestimmen. "Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Kassen", heißt es bei der SPD, wenn Kritiker die Pläne als "Einheitskasse" kritisieren.

Das Echo aus der Ärzteschaft ließ am Montag nicht lange auf sich warten. Andreas Köhler, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, zerriss die sozialdemokratischen Ideen als Ausdruck von Kontrollwut in der Luft. Der Vorstoß trage planwirtschaftliche Züge und sei klar abzulehnen.

Der SPD warf Köhler vor, das Thema populistisch für sich ausschlachten zu wollen, um für die Einheitsversicherung Stimmung zu machen. Teile der Partei hätten offenkundig große Probleme mit Berufsgruppen wie niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten, die freiberuflich tätig sind.

"Stümperhaft und dreist"

Zu lange Wartezeiten seien kein grundsätzliches Problem in der ambulanten Versorgung. Gerade einmal acht Prozent der Patienten beklagten sich über zu lange Wartezeiten. Rund 50 Prozent hätten überhaupt keine Wartezeiten, sondern kamen teilweise ohne jegliche Terminabsprache direkt dran. Richtig sei hingegen, dass es bei hoch spezialisierten Fachärzten in Einzelfällen längere Wartezeiten geben könne. Für diesen Fall räumt auch der KBV-Chef Lösungsbedarf ein.

Der Vorsitzende des Ärzteverbandes Medi Deutschland, Werner Baumgärtner, bezeichnete den geplanten Gesetzesentwurf der SPD als "stümperhaft und dreist". "Werden demnächst auch die Deutsche Bahn und die Lufthansa für die unterschiedliche Betreuung von Fahrgästen der ersten und zweiten Klasse mit hohen Strafen belegt?", schimpfte der Ärzte-Sprecher.

Auch der CDU-Mann übt Kritik

An der Ursache für längere Wartezeiten, wie der Begrenzung der Fallzahlen von Patienten und einer miserable Vergütung der ärztlichen Leistungen, wolle die SPD hingegen nichts ändern. "Bekommt der Arzt kein Geld mehr für die Patientenversorgung, soll er einfach unentgeltlich weiterarbeiten und davon zusätzliche Personalkosten und Gerätekosten bestreiten", kritisierte Baumgärtner.

Vom CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn kam ebenfalls Kritik. "Die SPD setzt auf drakonische Strafen und Pauschalverdacht gegen Ärzte, wir setzen auf Dialog und die richtigen Anreize." Dazu gehöre etwa eine Honorarreform, die Leistung im Sinne des Patienten belohne. "Eine bessere Versorgung geht nur mit den Ärzten, nicht gegen sie", erklärte er.

SPD sucht gesundheitspolitisch die Nähe zur Union

So heftig die Kritik auch ausfällt, bewegt sich die SPD auf einem anderen gesundheitspolitischen Terrain der Union an. Dabei geht es um die Verbesserung der Leistungen in Krankenhäusern. So sollten Zweibettzimmer zum Standard in den Kliniken gemacht werden. Drei- oder Vierbettzimmer sollten weiter erlaubt sein, aber durch geringere Zahlungen der Krankenkassen weniger attraktiv sein.

Auch die Union hatte kürzlich Vorschläge zur Verbesserung der Patientenversorgung in Krankenhäusern vorgelegt. Danach sollen Krankenhäuser finanziell bestraft werden, die ihre Patienten in Drei-, Vier- oder gar Sechsbettzimmern unterbringen, hatte der gesundheitspolitische Sprechers der Unions-Fraktion, Jens Spahn, vorgeschlagen.

Allerdings hatte der Koalitionspartner FDP deutliche Kritik an dem Vorhaben geäußert. Lauterbach bot der Union nun an, Verbesserungen gemeinsam gegen Gesundheitsminister Philipp Rösler durchzusetzen. "Ich gehe davon aus, dass die Union unsere Vorschläge unterstützt", sagte er der "SZ".

(AFP/RTR/ots)
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