Ärztepfusch SPD fordert Entschädigungsfonds

Berlin · Ein Drittel aller bei den Kassen eingegangenen Patientenbeschwerden wurde als Behandlungsfehler bestätigt. Politiker fordern jetzt bessere Entschädigungen.

Diese Rechte haben Patienten ab 2013
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Foto: dpa, Friso Gentsch

Verkehrte Diagnose, Versagen im Operationssaal, falsche Pflege: Im vergangenen Jahr stellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) bei genau 4068 Beschwerden einen ärztlichen Behandlungsfehler fest. Bei 12.686 Meldungen der Patienten macht das ein Drittel aus. Die Kassen gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer von Fällen aus, in denen es nicht zu einer Begutachtung kommt.

"Wir haben eine leichte Zunahme der Vorwürfe", sagte der Vize-Geschäftsführer des Medizinischen Diensts des Kassenspitzenverbands (MDS), Stefan Gronemeyer, bei der Vorstellung der Statistik. Das liege daran, dass Patienten immer wachsamer und misstrauischer gegenüber Ärzten werden. Die Fehlerquote sei allerdings nicht gestiegen.

Dennoch sei die Zahl alarmierend, so SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. "Dass sich jeder dritte Verdachtsfall als Behandlungsfehler bestätigt, ist auch im internationalen Vergleich eine erschreckend hohe Quote", sagte Lauterbach. Da die medizinische Versorgung in Zukunft immer komplexer wird, geht der SPD-Politiker davon aus, dass auch Behandlungsfehler nicht gänzlich vermieden werden können. Er fordert deswegen eine bessere Entschädigung der Patienten. "Ich bin für die Einführung eines Entschädigungsfonds", sagte er.

Auch die Expertin für Patientenrechte der Grünen-Fraktion, Maria Klein-Schmeink, befürwortet einen solchen Fonds. Gleichzeitig plädiert sie für eine Umkehr der Beweislast bei Behandlungsfehlern. Bislang müssen Patienten nachweisen, dass sie einen Schaden erlitten haben. Sie müssen zudem beweisen, dass es einen Behandlungsfehler gab und dieser Ursache für den Schaden ist. "Die Beweislastumkehr würde die Betroffenen bei der letzten Hürde entlasten, einen Zusammenhang zwischen ihrem gesundheitlichen Schaden und einem Behandlungsfehler nachweisen zu müssen", sagte Klein-Schmeink.

Mit einem neuen Gesetz, das bereits im Kabinett verabschiedet worden ist, soll die Beweislast teilweise umgekehrt werden. In schweren Fällen müssen die Ärzte zeigen, dass der Behandlungsfehler die Schäden nicht ausgelöst hat. Dies sieht Lauterbach kritisch: "Die Ärzte würden aus Angst vor Klagen eher vor komplexen Operationen zurückschrecken."

Für die Ärzteschaft ist es wichtig, Behandlungsfehler zu erkennen, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern. Auch sie wird mit Beschwerden von Patienten konfrontiert: 2011 haben Gutachterstellen in 2287 Fällen Ärztefehler entdeckt. Es wurden über 12 000 Beschwerden eingereicht. Wie viele Patienten sich insgesamt über ihre Behandlung beschweren, lässt sich nur schätzen. Experten gehen von rund 40 000 Vorwürfen im Jahr aus, die bei Krankenkassen, Ärztestellen oder Gerichten eingehen.

(RP/pst/das)
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