Kritik am Kanzleramt Fahimi: "Aufsicht über den BND völlig entglitten"

Berlin · Der jüngste Entwicklung in der Spionage-Affäre um die Nachrichtendienste BND und NSA sorgen in der SPD-Bundesspitze für Unmut. Dem Kanzleramt scheine die Aufsicht über den BND völlig entglitten zu sein, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi der "Berliner Zeitung" (Wochenendausgabe).

Das ist Yasmin Fahimi
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Dies könne nicht ohne Folgen bleiben. "Ich schließe personelle Konsequenzen ausdrücklich nicht aus." Erst einmal brauche es aber eine gründliche Aufklärung. Ähnlich äußerste sich Fahimi gegenüber dem SWR. Der BND habe offensichtlich "ein Eigenleben entwickelt, das wir nicht akzeptieren können".

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel erklärte, wenn der BND sich zum Werkzeug der amerikanischen Geheimdienste gemacht habe, sei das ein "Skandal der Sonderklasse".
"Das schadet dem Vertrauen in die Demokratie massiv", teilte Schäfer-Gümbel am Freitag mit.

Als Reaktion auf Enthüllungen im NSA-Skandal hat die SPD vom Kanzleramt Aufklärung über die Rolle des BND gefordert und auch personelle Konsequenzen nicht ausgeschlossen. "Das Kanzleramt muss jetzt mit höchster Priorität und ohne Ansehen der Person für Aufklärung vor dem Untersuchungsausschuss sorgen", erklärte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel am Freitag in Berlin. "Sollte sich bewahrheiten, dass die NSA Wirtschaftsspionage und Spitzelei in Europa betrieben hat, muss das Konsequenzen haben."

Oppositionspolitiker haben den Verdacht, dass der BND und die NSA in Europa mehr als 40.000 Mal rechtswidrige Abhöraktionen betrieben haben könnten. Nach Informationen des "Spiegel" lieferte die NSA über Jahre hinweg sogenannte Selektoren an den BND. Dabei handelte es sich unter anderem um Handynummern oder Internet-IP-Adressen, die dann vom BND zur Überwachung in verschiedenen Weltregionen eingespeist worden seien. Offenbar suchte die NSA gezielt nach Informationen etwa über den Rüstungskonzern EADS, über Eurocopter oder über französische Behörden.

In der jeden Freitag stattfindenden Regierungspressekonferenz wollte sich Regierungssprecher Steffen Seibert auf zahlreiche Nachfragen nicht über eine am Donnerstag veröffentlichte Presseerklärung hinaus äußern und verwies auf "nachrichtendienstliche Vorgänge", die mit den zuständigen Kontrollgremien des Bundestags besprochen würden. Auch auf die Frage nach personellen Folgen für BND-Chef Gerhard Schindler nahm Seibert keine Stellung.

In der am Donnerstag veröffentlichten Erklärung hatte es geheißen, das Bundeskanzleramt habe "technische und organisatorische Defizite beim BND identifiziert". Das Bundeskanzleramt habe daher "unverzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben".

Seibert betonte am Freitag die enge Partnerschaft mit den USA auch auf dem Gebiet der Sicherheit und der Geheimdienste. Dies sei auch im Interesse der deutschen Bürger. "Wir werden bei der Wahrung unserer Sicherheitsinteressen weltweit keinen besseren Partner als die USA finden", sagte Seibert.

(dpa)
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