Debakel um Berliner Großflughafen SPD-Politiker geht auf Distanz zu Wowereit

Berlin · Angesichts des neuen Debakels um den Berliner Großflughafen Schönefeld tritt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Aufsichtsratsvorsitzender der Betreibergesellschaft zurück. Auch politisch wächst der Druck.

Nachfolger werde Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), sagte Wowereit gestern nach einer kurzfristig anberaumten Krisensitzung mit Platzeck und dem Vertreter der Bundesregierung, Verkehrs-Staatssekretär Rainer Bomba. Zuvor hatte FDP-Generalsekretär Patrick Döring den Rücktritt Wowereits als Aufsichtsratschef gefordert.

Der politische Druck wächst

Wowereit zog die Konsequenz aus der mittlerweile vierten Verschiebung der Inbetriebnahme des Flughafens. Zuvor war bekannt geworden, dass der Airport nicht vor 2014 eröffnet werden kann. Bislang sollte der künftig drittgrößte deutsche Flughafen nach bereits dreifacher Verschiebung am 27. Oktober 2013 dem Flugverkehr übergeben werden.

Doch auch dieser Termin kann nach dem Befund des Flughafen-Technik-Chefs Horst Amann wegen anhaltender Probleme mit der Brandschutzanlage nicht eingehalten werden. Dies hatte Amann den Mitgliedern des Aufsichtsrats am Freitag schriftlich mitgeteilt.

Wowereit geriet auch politisch unter Druck: Die Grünen forderten seinen Rücktritt als Regierender Bürgermeister. Sie wollen Wowereit mit einem Misstrauensantrag im Abgeordnetenhaus stürzen. Angeblich haben sich Unterhändler der Berliner CDU und SPD bereits auf einen möglichen Nachfolger als Stadtoberhaupt geeinigt. Nach Informationen unserer Zeitung soll die Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) die Nachfolge antreten.

"Wowereits Rücktritt ist überfällig. Seine gelangweilte, desinteressierte und schnoddrige Art, Berlin zu regieren, ist schon länger ein Skandal", sagte der Chef des Bundestags-Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Grüne): "Eine Neuwahl wäre angesichts des Chaos, das die große Koalition angerichtet hat, für Berlin jetzt das Beste."

Nicht mehr tragbar

Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hielt Wowereit für nicht mehr tragbar. "Mit seinem Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender kann Wowereit die Berliner nicht abspeisen", sagte Künast. "Er wird mit seiner Salamitaktik nicht länger durchkommen. Jetzt ist der Stein ins Rollen geraten."

Auch in der SPD verlor Wowereit an Rückhalt. "Ob die Nibelungentreue zu Klaus Wowereit für die Berliner SPD so förderlich ist, bezweifle ich", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert. "Für die Berliner SPD ist die Lage sehr prekär. Sie muss jetzt entscheiden, wie es mit dem Regierenden Bürgermeister weitergeht. Notfalls muss der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöss das Amt übernehmen", so Danckert.

Platzeck will im Landtag die Vertrauensfrage stellen, um sich des Rückhalts von SPD und Linken zu versichern. Die Tage von Flughafenchef Rainer Schwarz sind indessen gezählt. Er werde bei einer Sitzung am 16. Januar abberufen, kündigte der angeschlagene Wowereit an. Ein neuer Eröffnungstermin lasse sich vorerst nicht festlegen.

(mar)
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