BND-Affäre Fahimi stellt Frist: "Endlich Klarheit schaffen"

Berlin · Die SPD will die Offenlegung der umstrittenen Liste mit Suchbegriffen erzwingen. Allerdings betonen Koalitionspolitiker, wie wichtig die Geheimdienst-Kooperation mit Washington sei. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Frist für eine Entscheidung über die Offenlegung der Selektorenliste gestellt.

Das ist Yasmin Fahimi
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Druck auf das Kanzleramt, versöhnliche Worte Richtung Washington: Mit dieser Strategie bemüht sich die SPD, die brisante NSA/BND-Spähaffäre der großen Koalition in den Griff zu bekommen.
Auch in der Union gibt es derweil Widerstand gegen Drohungen aus den USA - dort habe der "Geheimnisverlust" schließlich seinen Ursprung.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi setzte dem Kanzleramt in der "Bild am Sonntag" eine Frist bis zum 8. Juni für die Offenlegung der umstrittenen Liste von Spähbegriffen des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA). "Ich erwarte, dass das Kanzleramt bis zur nächsten Sitzungswoche endlich Klarheit darüber schafft, wie der Bundestag in geeigneter Art und Weise die Selektorenliste prüfen kann. Ein Aussitzen dieser Affäre wird es mit der SPD nicht geben."

Die SPD verlangt, dass die Aufstellung der E-Mail-Adressen und Telefonnummern, die die NSA dem Bundesnachrichtendienst (BND) zur Überwachung übermittelte, auch gegen den Willen der USA durch den Bundestag geprüft werden kann. Fahimi: "Wir dürfen die Aufklärung der BND-Affäre nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Denn die Vorwürfe sind gravierend, und das Kanzleramt schuldet uns Bürgern eine gründliche Untersuchung."

Die USA lehnen eine Veröffentlichung der Liste mit Suchbegriffen (Selektoren) ab und verstärken nach Medienberichten ihrerseits den Druck auf das Kanzleramt. Laut "Bild"-Zeitung (Samstag) lässt US-Geheimdienstdirektor James Clapper die Zusammenarbeit mit dem BND prüfen, weil auf die Deutschen beim Schutz geheimer Dokumente kein Verlass mehr sei.

Wie das Blatt berichtete, haben die USA bereits gemeinsame Projekte und geplante Kooperationen mit dem BND gestoppt. Außerdem weiten die US-Geheimdienste nach Informationen der "Bild am Sonntag" ihre Aktivitäten in Deutschland aus. "Ab sofort ist Deutschland verstärkt Operationsgebiet", heiße es aus US-Geheimdienstkreisen. Es müsse verhindert werden, dass US-Staatsgeheimnisse verraten würden. Ein Vertreter der US-Regierung versicherte auf dpa-Nachfrage: "Wir arbeiten in allen internationalen Fragen eng mit Deutschland zusammen, und die Deutschen sind unersetzliche Partner."

Eine effektive Arbeit deutscher Geheimdienste ist nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ohne Hilfe der USA nicht möglich.
"Wir können und wollen es uns nicht leisten, die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Diensten zu kündigen", sagte er der "Welt am Sonntag". "Wir verdanken den Amerikanern wichtige Hinweise."

Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU), ermahnte die US-Geheimdienste, in der Spähaffäre nicht Ursache und Wirkung zu verwechseln. Die Debatte gehe auf US-Geheimnisverrat zurück, nicht auf deutschen, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Der Auslöser für den NSA-Untersuchungsausschuss bei uns war doch ein gigantischer Datenabfluss und Geheimnisverlust aus dem amerikanischen Nachrichtendienst NSA und nicht beim BND." Die Kooperation sei aber insgesamt "gut, positiv, und im Ganzen wollen beide Seiten nicht darauf verzichten".

Im Kanzleramt heißt es bisher immer, man warte auf Antwort aus dem Weißen Haus, ob die NSA-Selektoren dem Ausschuss offengelegt werden dürften. Ein NSA-Sprecher sagte "Bild" jedoch, dies sei "eine innere Angelegenheit Deutschlands". Clapper nennt der Zeitung zufolge die Option, Überwachungsmaßnahmen wie in der BND-Abhörstation Bad Aibling an andere befreundete Dienste außerhalb Deutschlands zu übertragen.

(REU)
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