BND-Affäre SPD verlangt Freigabe von NSA-Spähliste auch ohne Zustimmung der USA

Berlin · Die SPD verlangt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die NSA-Spähliste auch gegen den Willen der USA freizugeben. "Wenn die Bundeskanzlerin die Herausgabe der Liste verweigert, erschwert sie die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste.

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Foto: dpa, Jens Büttner

Im Streit um die Herausgabe von Späh-Begriffen des US-Geheimdienstes NSA verschärft die SPD den Ton. Das Bundeskanzleramt dürfe für die Freigabe der Liste nicht auf eine Erlaubnis aus Washington warten, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi dem "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe). "Eine deutsche Kanzlerin darf nicht unterwürfig sein gegenüber den USA". Die Union warnte umgehend vor "antiamerikanischen Tönen".

Über die Liste der Suchkategorien, den sogenannten Selektoren, wird seit Tagen heftig diskutiert. Opposition und SPD fordern ihre Veröffentlichung, die Bundesregierung verhandelt darüber derzeit mit der US-Regierung. Die Selektoren waren von der NSA an den Bundesnachrichtendienst (BND) übermittelt worden. Auf deren Grundlage gewonnene Erkenntnisse wurden vom BND dann wiederum an die NSA weitergeleitet. Darunter waren offenbar auch Daten über deutsche Bürger und Unternehmen.

Fahimi beklagte, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "die Herausgabe der Liste verweigert, erschwert sie die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste". Die Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses müssten Einblick in die Unterlagen bekommen. Um dies zu erreichen, brauche "das Kanzleramt nicht unterwürfig in Washington um Erlaubnis betteln", befand Fahimi. Es genüge, die USA über die weiteren Schritte zu informieren. "Wir dürfen uns nicht zum Vasallen der USA machen und die Rechte des Bundestags ignorieren", mahnte Fahimi.

Der SPD-Politiker Burkhard Lischka, Mitglied im Geheimdienstkontrollgremium des Bundestags, nannte die Entscheidung eine "Nagelprobe" für das Kanzleramt. Es gehe um die Frage, "ob das Kanzleramt es ernst meint mit einer effektiven und ernsthaften Kontrolle und Aufsicht der Nachrichtendienste in unserem Land", sagte Lischka dem "Spiegel".

Sein Gremiumskollege Stephan Mayer (CSU) erklärte in Berlin ebenfalls, eine Einsichtmöglichkeit für das Parlamentarische Kontrollgremium und den NSA-Untersuchungsausschuss "wäre zu begrüßen". Dabei sei allerdings eine "strikte Wahrung der Vertraulichkeit" wichtig.

Zugleich wandte sich der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion gegen "überzogene antiamerikanische Töne, wie sie aus der SPD-Parteizentrale zu hören sind". Diese würden nicht weiterhelfen und zeugten davon, "dass einige führende Sozialdemokraten scheinbar nicht wissen, wie kompliziert auch angesichts der Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus die Gemengelage ist". Es gebe in der SPD "zum Glück offenbar noch Stimmen der Vernunft wie die von Frank-Walter Steinmeier", dem Außenminister, erklärte Mayer.

Laut "Spiegel" liegt Steinmeier in der Frage der Selektorenliste mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) über Kreuz. Während Gabriel die Freigabe ungeachtet möglicher Widerstände in den USA fordere, halte Steinmeier den Vorstoß für wenig durchdacht, schrieb das Magazin. In einem Telefonat mit Gabriel habe Steinmeier seine Bedenken "durchblicken lassen".

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte unterdessen neue internationale Absprachen. "Wir brauchen verbindliche Regeln zwischen Bündnispartnern, was Geheimdienste im Land des anderen dürfen", sagte er der "Rheinischen Post" vom Samstag. Ein Ende der geheimdienstlichen Kooperation kommt für Oppermann nicht in Frage. "Die Zusammenarbeit mit der NSA ist schwierig, aber wir wollen und werden darauf nicht verzichten", sagte er.

(AFP)
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