Bundestag SPD will Abstimmung über Ehe für alle erzwingen

Berlin · Die SPD will sich bei der Ehe für alle notfalls auch gegen den Koalitionspartner CDU/CSU stellen und eine Abstimmung im Bundestag noch in dieser Woche erzwingen. Das kündigte Martin Schulz an.

 SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

Foto: dpa, bvj tba

Schulz sagte in Berlin, er habe SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann gebeten, in dieser Frage mit dem Koalitionspartner Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam eine "Gewissensentscheidung" im Parlament zu ermöglichen.

Schulz fügte hinzu, er hoffe, dass die Unionskollegen "mitziehen werden". Sonst werde die SPD-Fraktion bei ihrer Sitzung am Dienstagnachmittag eigenständige Schritte für eine Abstimmung einleiten. Schulz verwies dabei auf einen vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates zur Gleichstellung von homosexuellen Paaren bei der Eheschließung.

Der SPD-Kanzlerkandidat warf der Union vor, die Einführung der Ehe für alle in den vergangenen vier Jahren der großen Koalition blockiert zu haben. Zuletzt habe er beim Koalitionsgipfel Ende März gemeinsam mit Oppermann versucht, das Thema auf die Tagesordnung zu bringen. Die Union habe sich aber erneut dagegen gesperrt.

Die Union will über die "Ehe für alle" nach Angaben des CDU-Politikers Michael Grosse-Brömer erst in der kommenden Legislaturperiode entscheiden. "Wir sind uns mit der SPD immer einig gewesen, dass wir in dieser Legislatur keine Entscheidung treffen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

"Ich würde davor warnen, jetzt eine überstürzte Entscheidung zu treffen. Das wird dem Thema nicht gerecht", sagte Grosse-Brömer weiter. Es müssten noch verfassungsrechtliche Fragen geprüft werden — bis hin zu einer möglicherweise nötigen Verfassungsänderung. "Aus unserer Sicht besteht keine Notwendigkeit für eine überstürzte Entscheidung im deutschen Bundestags."

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Montag gesagt, dass die Union die Entscheidung über die "Ehe für alle" zu einer Gewissensentscheidung erklären und damit Unions-Bundestagsabgeordneten keine Vorgaben für eine eventuelle Entscheidung im Parlament machen wolle.

Dies soll auch im Unions-Wahlprogramm festgelegt werden, das am 3. Juli vorgestellt werden soll. SPD, Grünen oder FDP haben die völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare zur Bedingung für eine Koalitionsbildung nach der Bundestagswahl gemacht.

Auch Merkel hatte am Montag schon angedeutet, dass sie gegen eine Reform noch vor der Wahl am 24. September ist. "Dass wir jetzt vier Jahre mit der SPD nie über dieses Thema gesprochen haben und jetzt im Wahlkampf soll es 'Holter die Polter' gehen, das finde ich seltsam", hatte die CDU-Vorsitzende mit Blick auf ihren Koalitionspartner gesagt.

Nach Merkels Ankündigung warnte der CSU-Abgeordnete Peter Ramsauer die CDU vor einer Zerstörung der letzten konservativen Werte. "Ich will das Thema überhaupt nicht im Bundestag haben", sagte Ramsauer unserer Redaktion. "Deutschland hat ganz andere Probleme. Aber die CDU-Führung soll sich davor hüten, auch noch die letzten konservativen Werte zu zerstören", betonte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag.

Linksparteichef Bernd Riexinger hat Bundeskanzlerin Merkel nach ihrem Kurswechsel bei der Ehe für alle politisches Taktieren vorgeworfen. "Es ist überraschend, wie weltoffen sich die Kanzlerin in Zeiten des Wahlkampfs gibt", sagte Riexinger.

Ob Merkel nun den "heißen Atem" des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz im Nacken spüre oder sich Koalitionsoptionen offen halten wolle - "Ehrlichkeit sieht anders aus".

Die Ehe für alle könne keine Bedingung, sondern müsse Selbstverständlichkeit sein, sagte Riexinger weiter. Dafür plädiere die Linkspartei schon lange. Der Linken-Chef forderte eine Abstimmung "noch in dieser Woche".

(qua)
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