Jahresklausur in Potsdam SPD will als Netzpartei bei jungen Wählern punkten

Potsdam · Mit einer digitalen Reform will die SPD in den nächsten Jahren mehr junge Wähler für sich gewinnen und ihr Image modernisieren. Aus dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl müsse die SPD "Schlüsse und Konsequenzen ziehen, um stärker zu werden", sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Sonntag zum Auftakt einer zweitägigen Klausurtagung in Potsdam.

 Parteichef Sigmar Gabriel will "Schlüsse und Konsequenzen ziehen, um stärker zu werden."

Parteichef Sigmar Gabriel will "Schlüsse und Konsequenzen ziehen, um stärker zu werden."

Foto: dpa, Bernd Settnik

In den kommenden Monaten werde die SPD eine digitale Strategie erarbeiten, die neue Kommunikations- und Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnen solle, sagte Gabriel. Die Überlegungen zur Neugestaltung der SPD als Netzpartei seien aber noch in der Anfangsphase, machte er klar. Die Diskussion über die konkrete Ausführung solle in allen Parteigliederungen bis hin zu den Ortsvereinen geführt werden. Der SPD-Parteitag werde dann im kommenden Jahr "ein sozialdemokratisches Programm über die digitale Zukunft" verabschieden. Gerade bei jüngeren Wählern wolle die Partei damit punkten.

Mit der digitalen Agenda will die Partei an den als erfolgreich angesehenen Mitgliederentscheid über die Regierungsbeteiligung anknüpfen, der zu einem breiten Mobilisierungseffekt an der Basis geführt hatte. In den letzten Monate seien 20.000 neue Mitglieder in die SPD eingetreten, die Hälfte von ihnen sei jünger als 35 Jahre, sagte Gabriel.

Mit der Weiterentwicklung der SPD zur modernen Netzpartei "wollen wir diejenigen integrieren, die in die SPD eingetreten sind", sagte Gabriel weiter. "Wir sind sicher, dass wir damit ein spannendes Programm haben." Erste Überlegungen sehen vor, künftig digitale Mitgliederentscheide anzubieten und das Internet stärker als Basis für Kampagnen zu nutzen.

Eine moderne SPD müsse "eine Partei der digitalen Öffnung und Belebung aller Kommunikationsformen sein", zitierte "Spiegel Online" aus einem internen Diskussionspapier für die SPD-Klausur. Die Netzstrategie solle Teil eines umfassenden Plans sein, die SPD moderner erscheinen zu lassen: "Dieses Gesamtbild muss mit Nach- und Hochdruck bis Mitte 2016 erarbeitet werden, damit unsere kampagnenfähige Partei die Mehrheitsmeinung in unserer Gesellschaft im Rücken hat und nicht versucht, diese im Wahljahr zu ändern".

Weiteres Thema auf der SPD-Klausur war die Europawahl im Mai, die auch als Stimmungstest über die Beteiligung der SPD an der großen Koalition angesehen wird. Diese Wahl biete die "riesige Chance", mit Martin Schulz erstmals seit mehr als 40 Jahren wieder einen deutschen Politiker in das Amt des EU-Kommissionspräsidenten zu bringen. Er glaube, "dass wir eine sehr erfolgreiche Europawahl bestreiten werden", sagte Gabriel. Bei vergangenen Europawahlen hatte die SPD allerdings in der Regel schlecht abgeschnitten. Bei der Wahl 2009 bekam sie nur 20,8 Prozent.

Jüngsten Umfragen zufolge konnte die SPD bislang noch nicht von ihrer Beteiligung an der Bundesregierung profitieren. In der wöchentlichen Emnid-Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" verlor die SPD einen Punkt und kam auf 25 Prozent Zustimmung. Die Union gewann einen Punkt hinzu und erreichte 42 Prozent.

Angesichts dieser Mehrheitsverhältnisse fordert vor allem die SPD-Linke, dass sich die Partei jetzt schon auf eine Linkskoalition mit den Grünen und der Linkspartei nach der Bundestagswahl 2017 vorbereitet. Die SPD-Linke veröffentlichte vor der Klausurtagung ein Papier, in dem sie empfiehlt, bereits jetzt entsprechende Kontakte zu den Oppositionsparteien zu knüpfen.

(AFP)
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