Nach Debakel um Stuttgart 21 SPD will Bürgeranwalt bei Infrastruktur-Großprojekten

Berlin · Die SPD will ein zweites "Stuttgart 21" vermeiden und stellt einen umfassenden Katalog an Maßnahmen vor, mit denen Bürger bei Infrastrukturvorhaben künftig besser einbezogen werden sollen. Auch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will auf die Proteste der Vergangenheit reagieren.

 Die SPD-Troika Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter-Steinmeier (v.l.)

Die SPD-Troika Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter-Steinmeier (v.l.)

Foto: dapd, dapd

Die SPD will die Bürger bei Planung und Bau von Infrastruktur-Großprojekten stärker beteiligen und einen Bürgeranwalt in den Kommunen als Lotsen installieren. Das geht aus einem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion hervor, der diese Woche im Bundestag beraten werden soll.

"Wir wollen, dass Bürger und Verwaltung bei der Planung auf Augenhöhe sind. Bürgerbeteiligung und Planungsbeschleunigung sind kein Gegensatz, sondern gemeinsam Bestandteil einer modernen Industrie- und Wirtschaftspolitik", sagte SPD-Verkehrspolitiker Sören Bartol.

Die SPD will zudem die Einrichtung einer Bürgerstiftung prüfen, die die Bürger bei komplexen Verfahren unterstützt, beispielsweise durch die Finanzierung von Gutachten oder eines juristischen Fachbeistands. So sollen Bürgerinitiativen profitieren, die bei der Planung von Infrastruktur-Projekten oft nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um ein juristisches Gutachten einzuholen.

Außerdem will die SPD durch rechtliche Änderungen Doppelungen bei Umweltverträglichkeitsgutachten vermeiden. Selbstbewohntes Wohneigentum soll künftig bei Enteignungsverfahren nicht mehr nach dem Verkehrswert entschädigt, sondern es soll funktionaler Ersatz für das verlorene Heim zur Verfügung gestellt werden. Für den Bau von Energieleitungen sollen Betroffene direkt entschädigt werden können und nicht wie bisher das Geld an die Kommunen fließen. Ein Mindestabstandsgebot soll künftig klären, wie weit neue Stromleitungen von einem Wohnhaus stehen dürfen.

Für eine leistungsfähige Infrastruktur in Deutschland "ist ein neuer gesellschaftlicher Konsens" notwendig, heißt es in dem Antrag der Fraktion, der unserer Redaktion vorliegt. Bei der Erarbeitung eines neuen Bundesverkehrswegeplans, so etwas wie der Masterplan der Regierung für neue Straßen, Brücken und Wege, soll künftig ein permanentes Beratungsgremium aus Verbands- und Wissenschaftsvertretern eingesetzt werden, das bei allen Entscheidungen frühzeitig einbezogen wird und das Spektrum der gesellschaftlichen Interessen abbildet.

Mit dem umfassenden Maßnahmenkatalog kommt die SPD Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zuvor, der in den kommenden Tagen seine Überlegungen für eine bessere Beteiligung der Bürger vorstellen will. So soll ein "Bürgerhandbuch" vorgestellt werden, in dem Rechte und Hilfestellungen für betroffene Bürger zusammengefasst werden.

(das)
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